Full text: Das sechste Schuljahr

I. Der Bauernstand sonst und jetzt- 
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selbst mache, und drang auf eine sorgfältige Buchführung. In zahl¬ 
reichen Schriften legte er seine Grundlehren für den Landmann dar. 
Über sie erhob sich zuerst lebhafter Streit, doch wurden sie bald als 
die besten Führer anerkannt. 
Größere Reisen erweiterten seinen Gesichtskreis und brachten ihn 
in Verbindung mit tüchtigen Fachmännern. Viele Landwirte suchten 
seinen Rat, und namentlich jüngere besuchten ihn, um von ihm zu 
lernen. Da entschloß er sich, für solche junge Leute eine landwirt¬ 
schaftliche Lehranstalt in Celle zu gründen. Diese, 1802 gegründet, 
blühte fröhlich auf; aber das Jahr 1803, in welchem Hannover von 
den Franzosen besetzt wurde, schien alles in Frage zu stellen. Darum 
siedelte Thaer unter günstigen Bedingungen nach Preußen über, dessen 
König Friedrich Wilhelm III. ihm sehr geneigt war. 
Er kaufte, von der Regierung unterstützt, das Gut Möglin im 
Kreise Oberbarnim und rang, obgleich schon die Übersiedelung ihm 
Verluste brachte und ihn und die junge Lehranstalt wie das ganze 
Vaterland bald die herben Schläge von 1806 und 1807 trafen, sich 
doch mit eiserner Energie durch die schweren Jahre der Fremdherrschaft 
und der Befreiungskriege hindurch und beteiligte sich auch an den 
Arbeiten zur Hebung des Volkes. Die Stein-Hardenbergschen Gesetze 
brachten in dieser Notzeit die von ihm für die Landwirtschaft schon 
lange erstrebte Befreiung des Grund und Bodens von den unerträg¬ 
lichen Berechtigungen, ordneten die Gemeinheitsteilungen durch Zu¬ 
sammenlegen der Grundstücke und machten, indem sie einen unabhängigen, 
über sein Eigentum frei verfügenden Bauernstand schufen, erst eine 
Besserung möglich. Der Hebung des Bauernstandes galten Thaers 
Arbeiten in erster Linie. Er erhob seine Wirtschaft immer mehr zu 
einer Musterwirtschaft, veredelte die Schafzucht, so daß ebenso seine 
Schäferei bald ein Muster wurde, und erhielt auch, unterstützt von 
seinem tüchtigen Gehilfen Koppe, seine Lehranstalt. Diese wurde 1810 
vom Staate übernommen und mit der Universität Berlin in Verbindung 
gesetzt, an welcher Thaer außerordentlicher Professor wurde. Er lehrte 
als solcher im Winter in Berlin, im Sommer in Möglin und hat 
dadurch viel Segen gestiftet. 1819 aber legte er die Professur nieder, 
übergab seinem Sohne die Leitung der Wirtschaft und widmete sich 
nur der landwirtschaftlichen Schule, welche nun den Namen einer 
königlichen akademischen Lehranstalt erhielt. 
Die Hauptaufgabe der Landwirtschaft sah Thaer darin, den Boden 
zum höchsten Ertrage zu bringen und ihm die durch den Pflanzenwuchs 
entzogenen Nahrungsteile schnell wieder zuzuführen. Das ist im all¬ 
gemeinen nur möglich, wenn der Boden und der Landwirt so frei als 
möglich ist von allen die Wirtschaft hindernden Belästigungen. Für 
den einzelnen Landwirt ist sodann nötig, daß er genau rechne, um sich 
einen richtigen Einblick in seine ganze Wirtschaft zu verschaffen. Erst 
dadurch lernt er den Wert der Arbeit und der Erzeugnisse, die Vor¬ 
teile neuer oder alter Einrichtungen und die Notwendigkeit von Ver¬ 
besserungen genau abwägen. Um sich aber stets über den Stand des 
Betriebes und über dessen Erfolge klar zu werden, ist die stete Führung
	        
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