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auch eiu frommer Mann. Jeden Sonntag besuchte er mit seiner
Familie den Gottesdienst, hielt strenge ans die Sonntagsseier und ver¬
langte dies auch von seinen Unterthanen.
b) Friedrich Wilhelms Fürsorge für das Heer. Des
Königs Hauptsorge war auf die Vermehrung und Ausbildung des
Heeres gerichtet. Seine Meinung war, daß die Sicherheit und Stärke
des preußischen Staates einzig auf einem starken und geübten Heere
beruhe. Er vergrößerte dasselbe allmählich auf 83000 Mann. Die
Soldaten wurden im In- und Auslande geworben. Doch setzte der
König bereits fest, daß alle Einwohner des Landes zum Militärdienste
verpflichtet sein sollten. Nur die Söhne der Adligen und die ältesten
Söhne der Hof- und Fabrikbesitzer waren frei. Alle dienstbaren Mann¬
schaften wurden in eine Liste eingetragen, und diejenigen, welche noch
nicht zu den Fahnen einberufen waren, mußten als Abzeichen eine rote
Halsbinde tragen. So legte der König bereits den Keim zu der all¬
gemeinen Wehrpflicht, und mit Recht bezeichnete ihn Kaiser Wilhelm I.
als den eigentlichen Schöpfer der preußischen Armee. Am liebsten hatte
der König recht große Soldaten. Sein Leibregiment in Potsdam be¬
stand aus lauter Riesen und ist unter dem Namen „die langen Kerls"
bekannt. Unermüdlich war er um die Ausbildung der Soldaten be¬
sorgt. Fast täglich wohnte er ihren Übungen bei. Der treueste Ge¬
hilfe des Königs bei der Ausbildung des Heeres war der Fürst Leo¬
pold von Dessau. Die Soldaten nannten ihn den „alten Dessauer".
Dieser erfand den eisernen Ladestock, er übte die Soldaten besonders
im Gleichschritt und im gleichmäßigen Feuern. Die Soldaten Friedrich
Wilhelms I. waren die am besten ausgebildeten Truppen in Europa.
Die Behandlung der Soldaten war damals eine sehr strenge; Stock¬
schläge, Spießrutenlaufen und Erschießen kamen häufig vor. Trotz
seiner Vorliebe für die Soldaten liebte Friedrich Wilhelm I. den Krieg
nicht. Wider seinen Willen wurde er aber in den nordischen Krieg
gezogen, welchen Polen und Rußland gegen Schweden führte. Im
Friedensschluß zu Stockholm 1720 erhielt er Altvorpommern.
o) Friedrich Wilhelms Regierung. Friedrich Wilhelm
war ein trefflicher Regent. In die Verwaltung des Landes brachte
er eine ganz neue Ordnung. Bis dahin waren die obersten Staats¬
behörden noch getrennt und gerieten oft in Streit miteinander. Uni
dies zu vermeiden, vereinigte der König alle diese Behörden zu einer
einzigen Oberbehörde, der die Verwaltung der Staatsgelder und