3. Die älteste Verfassung der Deutschen.
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sammlung Theil nehmen und erst später scheint er Stimmrecht in der
Land- und Gaugemeinde-Versammlung erhalten zu haben. Doch wurde
seine Person, und dadurch seine Ehre, durch ein Wergeld, welches in¬
dessen geringer als das für den Freien festgesetzte — in vielen Fällen
unter die Hälfte des letzteren — normirt war, gesichert; seine Heirath
mit einer Freien war keine ungleiche; er war fähig, als Eideshelfer auf¬
zutreten, hatte das Recht, Beleidigungen zu rächen, war waffenfähig,
durfte Schwert und Lanze führen, wurde aber anfänglich nicht selbstän¬
dig aufgeboteu.
Die Könige. Ungeachtet der demokratischen Grundlagen der ger¬
manischen Staatsvcrfassungcn, war den letzteren bei einem Theile der
germanischen Stämme ein monarchisches Element bcigemischt, indem ein
durch freie Wahl aus den edlen Geschlechtern berufener König an der
Spitze stand, während bei den übrigen eine demokratische Verfassung
unter selbstgcwählten Vorständen eiugeführt war, welche letztere man
demnächst mit dem Namen „Gaufürsteu" bezeichnet hat.
Die Königswürde war bei einigen Stämmen erblich, bei anderen
aber unterlag sie jedes Mal einer freien Wahl. Die Erblichkeit machte
indessen bei keinem Stamme eine Bestätigung oder feierliche Anerken¬
nung durch das Volk entbehrlich. Bei dem Tode des Königs fiel der
Thron nicht für alle Fülle dem ältesten Sohne desselben zu. War
letzterer wegen seiner Jugend, körperlichen oder geistigen Schwäche nicht
fähig, den Oberbefehl über das Heer zu führen, welcher aus die Könige
übergegangen war, so wurde derjenige nächste Verwandte gewählt, wel¬
cher den an ihn zu stellenden Bedingungen am meisten entsprach. Erst
nach der Niederlassung germanischer Stämme auf römischem Boden und
mit dem Aufhören permanenten Kriegszustandes bildete sich bei den
meisten Stämmen eine strengere Erblichkeit vom Vater aus den Sohn
zu dem Zwecke auS, dauernde Verhältnisse zu begründen und gefährliche
Schwankungen beim Regierungswechsel zu verhüten.
Die Bestätigung oder Wahl wurde jederzeit in einer allgemeinen
Volksversammlung vorgeuommen. Der bestätigte oder gewühlte König
wurde demnächst auf einen Schild emporgehoben und, damit ihn Jeder¬
mann sehen könne, drei Mal im Kreise der Versammlung herumgctra-
gen. Das Volk gab durch Häudeschlagen und Waffengeklirr seinen
Beifall zu erkennen, und dieses Heben auf den Schild und Schlagen
der Hände und Waffen wurde als das Symbol des Vertrages und der
Einwilligung des Volkes angesehen, welche Sitte sich nicht nur bis in
die Meroviugische und Karolingische Zeit, und zwar unverändert, son¬
dern noch über diese Zeit hinaus dahin modificirt erhalten hat, daß die
deutschen Könige, namentlich die sächsischen, dem Volke gezeigt wurden,
welches unter Händeschlagen und Frohlocken den Namen des Gewählten
ausrief.
Der bestätigte oder erwählte König mußte auf dem Streitroß sein
Reich umreiten, um sich auch den ferneren Thcilen desselben persönlich
zu zeigen. Dieses Umreiten wurde dadurch zu eiuer wichtigen Hand¬