Full text: Das fünfte Schuljahr

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ein einfacher Bürger. Das goldene Tafelgeschirr schickte er in die 
Münze und ließ Geld daraus prägen. Die Königin gab willig ihren 
ganzen Schmuck hin und behielt nur ihre Perlen. Als später einmal 
eine ihr nahestehende Frau dieselben bewunderte, sagte sie: „Ich habe 
sie auch sehr lieb und habe sie zurückbehalten, als es darauf ankam, 
meine Brillanten herzugeben. Sie passen besser für mich; denn sie 
bedeuten Thränen, und ich habe deren so viele vergossen." Der König 
verkaufte auch mehrere Domänen, um Geld zur Deckung der Kriegs¬ 
schulden zu bekommen. Es gelang ihm gegen Ende des Jahres 1808, 
die ganze Kriegssteuer abzutragen. Jetzt räumten die Franzosen das 
Land, und unter großem Jubel der Bevölkerung zogen am 10. De¬ 
zember 1808 wieder preußische Truppen in Berlin ein. 
b) D i e Hebung des Bauernstandes. Weiter kam es darauf 
an, den Staat zu erneuern und in alle Stände neues Leben zu 
bringen. Hierbei half dem Könige besonders der Freiherr von 
Stein, den er zum obersten Minister berufen hatte. Zunächst galt 
es, einen freien Bauernstand zu schaffen. Fast alle Bauern waren 
bis dahin ihrem Gutsherrn erbunterthünig, d. h. sie besaßen ihren 
Acker nicht als freies Eigentum, sondern hatten ihn nur von ihrem 
Herrn zum Nießbrauch. Dafür mußten sie ihm Frondienste leisten 
oder ihm Abgaben an Getreide und Geld entrichten. Ohne Erlaubnis 
des Gutsherrn durfte der Bauer nicht seinen Wohnsitz verändern, ja 
nicht einmal heiraten. Auf Steins Rat hob der König die Erbunter- 
thänigkeit der Bauern auf. Dadurch wurden sie mit einem Schlage 
freie Männer, die ihre Äcker verbesserten und bald zu Wohlstand ge¬ 
langten. Ihre Söhne konnten nun in die Stadt ziehen und ein Hand¬ 
werk oder Gewerbe treiben, was ihnen vorher nicht gestattet war. 
Der König ging dem Adel mit gutem Beispiele voran und machte auf 
den königlichen Domänen allein 47 000 Bauernhöfe frei. So ist in 
Preußen ein kräftiger, unabhängiger Bauernstand entstanden. 
o) Die Hebung des Bürger st andes. Im Jahre 1808 
wurde die berühmte Städteordnung eingeführt. Durch dieses 
Gesetz wird den Gemeinden die Verwaltung aller ihrer eigenen An¬ 
gelegenheiten selbst übergeben. Alle Bürger, ohne Unterschied des 
Standes und des Glaubens, werden zur Teilnahme an den Gemeinde¬ 
angelegenheiten berufen. Die Bürgergemeinde wühlt den Magistrat 
und besitzt in den Stadtverordneten eine Vertretung. Die Bürger 
sollten durch eine freie und selbständige Bewegung in dem engern
	        
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