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2. Hoch auf dem Giebel schwatzt der Staar; am Simse
nistet ein Schwalbenpaar; Rotschwänzchen finden überall Raum,
und Finken schlagen im Apfelbaum.
3. Doch wenn das Laub von den Bäumen fällt, dann flüchtet
die Schar in die weite Welt; ein Weilchen steht mein Garten
leer; da kommt von Gästen ein neues Heer.
4. Es gaukelt und schaukelt in lustiger Hast die kleine
Meise am schwankenden Ast, und Spechte laden sich ein zum
Schmaus und klopfen den Bäumen die Rinde aus.
5. Und fängt es endlich an zu schnei'n, dann kommt ein
winziges Königlein; das kümmert sich nicht um Eis und Schnee,
dem tun auch Sturm und Frost nicht weh'.
6. Das ist ein frisches Sängerblut und wahrt sich immer
den frohen Mut und schlüpft durch die Hecken und singt so klar,
als wär es Frühling das ganze Jahr.
212. Was die Kröte erzählt.
Bruno Meyer.
1. Dicht am Pfarrgarten auf dem kleinen Gemüseacker bin
ich aufgewachsen und alt geworden. Bei lichtem Tage ruhte ich
in der schattigen Zaunecke, tief im modrigen Laubdünger; die
ganze Nacht aber streifte ich längs der Beete und vertilgte
Schnecken, Raupen und vielartiges Insektenvolk. Dem Menschen
sind sie eine Plage und ein Ärgernis; unserm kräftigen Magen
aber bieten sie gute Nahrung, und wir vertilgen sie ohne Zahl.
So hielt ich den kleinen Acker frei von diesen Schmarotzern und
gedieh bei reicher Nahrung; der Besitzer aber hatte seine Freude
am reichen Ertrage seiner Kohl- und Salatbeete.
2. Nie hatte man bisher mich in meinem Schlupfwinkel
aufgestört; doch eines Tages räumten die jungen Knechte mit
dem Sohne des Besitzers den schützenden Dünger am Zaune hin—
weg, und plötzlich ward's über mir tageshell. „Hurra, eine
Krötel!“ rief der erste. „Rührt sie nicht an, die ist giftig!“ rief
der zweite aufgeregt. „Das gibt einen Spaß; laßt mich nur
machen!“ meinte der älteste der Knechte. „Merkt auf!“ fuhr er
fort, indem er leise den Spaten unter mich schob, „jetzt lehre ich
sie fllegen, dann macht sie „quak“, und wir sind das Scheusal