93
der Friede sicherte sie gegen die Uebermacht des Bischofs, indem von da
an abwechselnd ein katholischer Bischof und ein braunschweigscher Prinz
die Regierung erhielt.
Die Häuser des alten Osnabrück waren von Fachwerk. 1530 zer¬
störte eine Feuersbrunst den größten Theil der Stadt (1107 Gebäude);
1613 brannten abermals 942 Gebäude ab. Solche Ereignisse waren
es vielleicht, die die massiven Steinbauten veranlaßten, welche sich hinten
an die Wohnungen schlossen und welche zum Theil noch jetzt erhallen
sind. Sie sind ganz von Bruchsteinen aufgeführt, mit einem Dache unb
oft noch mit einem Kellergewölbe versehen. Sie dienten als Säle für
Lustbarkeiten, außerdem aber, um bei Feuersbrünsten die bewegliche Habe
zu bergen. In neuerer Zeit wird überall massiv gebaut; durchweg führt
man Gebäude, Mauern und Brücken von grauen Kalksteinen auf.
Zu den sehenswertesten Gebäuden gehört der'Dom. Der jetzige
ist unter drei Bischöfen vollendet, nachdem der alte im Jahr 1100 abge¬
brannt war. Ueber dem Kreuze steht ein schöner, achteckiger Thurm, und
am Westende zwei ungleich große, viereckige, von denen der größere im
vorigen Jahrhundert aufgeführt ist. Der Dom, der im Rundbogenstil
gebaut ist, macht von den freien Plätzen aus, die ihn umgeben, einen
großartigen Eindruck. Einzelne seiner Theile haben ein volles Jahr¬
tausend vorüber gehen sehen. Auf der Nordseite neben dem Dome steht
das Standbild Justus Möser's (ch 1794), eines Mannes, dem seine
Vaterstadt viel verdankt und dessen Schriften noch jetzt hoch geschätzt
werden. Unter den übrigen Kirchen ist die evangelische Marienkirche die
freundlichste und schönste. Nahe dabei steht das alterthümliche Nathhaus,
in dessen Sälen 1648 der westfälische Friede geschlossen wurde.
Bis vor wenigen Jahren bezahlten die Einwohner keine directen
Gemeindesteuern. Die Ausgaben wurden größtentheils aus dem Stein¬
kohlenbergwerke des eine Stunde entfernten Piesberges (619') gedeckt.
Die Anlage neuer Wege, Brücken und namentlich der die ganze Stadt
durchziehenden Kanäle haben die Ausgaben erheblich gesteigert; daß aber
die Lage der Stadt eine günstige ist, zeigt die rasche Zunahme der Be¬
völkerung, die sich auf 20,000 beläuft, und der lebhafte Verkehr. Noch
bildet Acker- und Gartenbau eine wichtige Erwerbsquelle; die Tabaks¬
und Cigarrenfabriken sind bedeutend; während der Leinenhandel geringer
geworden ist, ist der Versand von Getreide, Butter und Schinken im
Wachsen. Den größten Reichthum besitzt die Stadt aber in dem Stein¬
kohlenlager, das 57 Millionen Ringel (ü 175—190 Pfund) enthalten
soll. Der größte Theil der Kohlen wird jetzt, wo der Piesberg mit der
Stadt durch eine Zweigbahn verbunden ist, nach auswärts versendet.
Man fördert täglich 8000 Centner zu Tage. Bis jetzt hat man nur die
oberen Schichten abgebaut, sollte aber die Nachfrage in der bisherigen
Weise steigen, so wird man auch die tieferen Lagen in Angriff nehmen
müssen. Von dem Piesberge genießt man eine herrliche Aussicht in das
schöne, an alten Erinnerungen reiche Land. Hünengräber, Wittekinds¬