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Sache also ablief; das ist leicht zu bemerken. Als die Bürger das erfuhren,
war es ihnen zu Muthe wie einem, der aus einem schweren Traum erwacht;
ihre Freude ist nicht zu beschreiben. Sie schickten sogleich eine Gesandtschaft an
den Kommandanten, ließen ihm für diese Milde und Großmuth danken und
boten ihm aus Dankbarkeit ein großes Geschenk an. Wer weiß, was mancher
gethan hätte; aber der Kommandant schlug dasselbe aus und sagte, er lasse sich
keine gute That bezahlen.
Dies ist geschehen im Februar 1807; und so etwas ist des Lesens zwei¬
mal werth. Der Kommandant, ein wackerer badischer Offizier, hieß Lingg.
— Die Stadt Hersfeld ernannte ihn zu ihrem Ehrenbürger und stellte seine
Bildsäule im Rachhanse auf. Der Kurfürst erhob ihn später in den Adelstand
unter dem Namen Lingg von Linggenseld. Der zu den höchsten mili¬
tärischen Würden emporgestiegene Edelmann starb am 21. Januar 1842 in
Mannheim.
8. Während der Belagerung der Festung Metz, kurz vor ihrer Ueber-
gabe an das deutsche Heer (27. October 1870), ereignete sich folgende hübsche
Geschichte. Ein in die Festung gehöriger französischer Soldat war von den
preußischen Vorposten gefangen genommen worden. Er sollte nach Corny, wo
der Feldherr Prinz Friedrich Karl sein Hauptquartier hatte, gebracht werden.
Aus diesem Wege mußte er mit dem ihn begleitenden Soldaten durch ein nahe
bei Metz liegendes Dorf, wo seine Frau und seine Kinder wohnten. Er bat
daher, unterwegs seine Familie besuchen zu dürfen, und der gutmüthige Pom¬
mer, der an seiner Seite ging, erlaubte es sogleich. Da war denn die Freude
des Wiedersehens groß. Die arme Frau schluchzte vor Rührung, als sie auf -
wenige Augenblicke ihren lieben Mann wieder hatte. Aber nun bat sie drin¬
gend, ihn wenigstens noch bis nach Corny begleiten zu dürfen; auch das ward
ihr gestattet. Doch da ergab sich eine neue Schwierigkeit wegen der Kinder.
Der kleine fünfjährige Bube konnte freilich schon an seines Vaters Seite dahin¬
traben, aber da war auch noch ein Säugling, der ohne Pflege und Wartung
nicht zurückbleiben konnte, die Mutter aber war viel zu schtvach, ihn die lange
Strecke zu tragen. Jedoch auch diese Schwierigkeit ward überwunden. Der
gute Pommer, der wohl an seine Kinder daheim dachte, erbot sich, auf seinem
starken Arm das Kleinste zu tragen; und da er kurz vorher gerade in diesen:
Dorfe neben dem Hause der Frau im Quartier gelegen und sich mit den Kin¬
dern befreundet hatte, so streckte ihm der Säugling auch seine kleinen Arme
entgegen und legte ganz zufrieden sein Köpfchen an die Schulter des Mannes.
So kam es, daß der preußische Soldat des Franzosen Kind trug. Die Frau
hing am Arme des Gefangenen, der ältere Knabe schmiegte sich an den Vater,
und der Pommer mit dem jüngsten Kinde auf dem Arme stiefelte nebenher.
Unterwegs erzählte die Französin ihrem Manne, wie die preußischen Soldaten,
als sie krank gelegen und ohne Nahrungsmittel gewesen sei, ihr tägliches Brot
und Fleisch mit ihr getheilt, Holz und Wasser herbeigeschleppt, Feuer angezün¬
det und ihr sonstige Hülfe geleistet hätten. Die düstere Miene des Gefangenen
hellte sich dabei immer mehr auf, und sieh da! plötzlich ließ er den Arm sei¬
ner Frau fahren, und die beiden Männer, welche zwei im bittersten Haß ein¬
ander gegenüberstehenden Nationen angehörten und vor wenigen Tagen vielleicht
Mann gegen Mann gefochten hatten, umarmten sich wie Brüder. In herzlich¬
ster Freundschaft langten sie mit einander in Corny an.