Full text: Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands

185. TDas Gott tut, das tst wohlgetan. 
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tembertage mit demselben nicht in den Wald flüchten, wie die meisten 
Einwohner taten. Als nun aber das Schiessen und Morden im Orte 
begann und der Rauch von den brennenden Häusern vom Berge herab 
über das Tal herunterzog, da ward es dem armen verlassenen Weibe 
zum Sterben angst, sie verriegelte die Tür des Häuschens und warf 
sich betend neben der Wiege des Kindes nieder. So lag sie eine Zeit¬ 
lang, mit Zittern auf das Wutgeschrei der Soldaten und auf das Wehe¬ 
rufen der Gemisshandelten horchend, als auch an ihre Tür mit einem 
Gewehrkolben gestossen wurde. Diese, alt und gebrechlich wie sie 
war, fuhr schnell auf, und mit gefälltem Bajonette stürzte ein Fran¬ 
zose auf das erschrockene Weib zu. Blass wie der Tod, legte die 
Mutter die Hände über das Kind, und mit der Stimme der Verzweif¬ 
lung betete sie den achten Vers aus dem Gerhardtsehen Liede: „Nun 
ruhen alle Wälder.“ 
Da senkte plötzlich der wilde Soldat die Todeswaffe, trat zur 
Wiege und legte seine rauhe Hand auf des Kindes Haupt. Seine 
Lippen bewegten sich wie zum Gebete, und dicke Tränentropfen fielen 
über sein bärtiges Angesicht. Dann reichte er der Mutter die Hand 
und ging schweigend davon. Als aber die Frau nach einiger Zeit von 
den Knieen sich erhob und durch das kleine Fenster hinaus sah, siehe! 
da stand der Franzose, das Gewehr im Arme, unter einem Birnbäume, 
der Haustür gegenüber, als stünde er da Wache, allen Schimpf und 
Schaden von dem Hause fern zu halten. Erst als der ganze Soldaten¬ 
trupp, mit Beute beladen, abzog, verliess er seinen Posten mit einem 
grösseren Schatze im Herzen, als seine Kameraden in ihren Säcken. 
ch sterbe nicht, nur mein Elend stirbt", sagt mit der Blutzeugin Cäcilie 
jeder, der im lebendigen Glauben an Christum den letzten Feind über¬ 
wunden hat. Er fährt dahin, auf den Lippen das Triumphlied des Apostels: 
„Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?" Besiegt, bleibt er 
Sieger; gestorben, ist er lebendig. Solche und ähnliche Gedanken waren es 
freilich nicht, welche dem jenaischen Sladtkantor Gastorius durch den Kopf 
gingen, als er im Jahre 1675 zum Tode krank auf seinem Bette lag. Eben 
hatte die alte Haushälterin ihm wieder einmal einen Löffel voll Arzenei ein¬ 
gegeben. Sie hatte vor die Lampe auf der Nußbaum-Kommode die große 
Nürnberger Bibel gestellt und sich m den mit Leder beschlagenen Lehnstuhl am 
Ofen gesetzt. Hier war sie, ermüdet von der Nachtivache, eingeschlafen. Gastorius 
lag mit offenen Augen da. Die Totenuhr im alten Wandschranke hätte für 
diesen Abend ihr Picken sich ersparen können, auch ohne sie konnte der Kantor 
Breit aus die Flügel beide, 
o Jesu. meine Freude, 
und nimm dein Küchlein ein! 
"Will Satan mich verschlingen, 
so lass die Englein singen: 
Dies Kind soll unverletzet sein. 
K. Heinrich., 
185. Was Gott tut, das ist wohlgetan.
	        
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