Full text: Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands

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61. Die Helgoländer Bucht. 
61. Die Helgoländer Bucht. 
Helgoland, ein kleines, unbedeutendes Felseneiland, hat dem ganzen südöstlichen 
Winkel der Nordsee den Namen Helgoländer Bucht gegeben. Diese 
große Bucht erstreckt sich vom Helder in Holland bis Blaawandshuck in Jütland. 
Wenn wir die Helgoländer Bucht auf einer größeren Karte aufsuchen und sie 
genauer betrachten, so erblicken wir längs der Küste eine Menge grauer Flächen, 
die weder Land noch Meer zu sein scheinen. Auf den' grauen Flächen liegen 
zahlreiche Ländchen, die auf der Karte verschiedene Farben haben. Das sind die 
Inseln der Helgoländer Bucht, die teils zu Holland, teils zu Oldenburg, teils 
zu Preußen und teils zu Dänemark gehören. Helgoland selbst war früher eine 
englische Besitzung, Kaiser Wilhelm II. hat die Insel durch friedlichen Vertrag mit 
Preußen vereinigt. Die südlichste dieser Inseln ist Texel, die nördlichste Fanö. 
Die grauen Flächen sind die Sandbänke und die Watten, an welchen die 
Helgoländer Bucht sehr reich ist. Die Sandbänke, welche aus Meersand bestehen, 
sind teils solche, die fast immer über die Meeressläche hervorragen und nur bei 
außerordentlichen Überschwemmungen überflutet werden (Hochsande), teils solche, die 
alle 24 Stunden nur zweimal, nämlich zur Zeit der Ebbe, sichtbar und ebenso regel¬ 
mäßig zur Zeit der Flut in demselben Zeitraum zweimal unsichtbar werden. Außer¬ 
dem gibt es auch noch unterseeische Sandbänke oder Untiefen, die nichts weiter 
als sandige Erhöhungen des Meeresbodens und so niedrig sind, daß sie selbst 
zur Zeit der tiefsten Ebbe nicht vom Wasser entblößt werden. Die meisten Sand¬ 
bänke liegen in der Nähe der Außeninseln und zeigen sich auch auf der Karte 
als Ausläufer der Inseln oder Verlängerungen der Jnselspitzen oder der Land¬ 
zungen, die ins Meer hinausragen. Die Watten unterscheiden sich dadurch von 
den Sanden, daß sie entweder ganz aus grauen Tonmassen oder aus einem Gemenge 
von Sand und Ton bestehen und nicht als Fortsetzungen der Außeninseln in die 
offene See hinausragen, sondern den Raum zwischen Insel und Insel wie 
zwischen der ganzen Inselkette und dem Küstensaume des Festlandes ausfüllen. 
Zwischen den Inseln und den Watten, auch zwischen den verschiedenen 
Partien der Watten selbst erblicken wir auf der Karte zahlreiche weiße Streifen 
und Schlangenlinien, die in der Nähe der Inseln oder des Festlandes oft sehr 
schmal sind, aber nach der offenen See hin immer breiter werden. Diese Schlangen¬ 
linien stehen durch zahlreiche Arme und Nebenarme miteinander in Verbindung. 
Man sieht leicht ein, was dadurch abgebildet werden soll. Die breiteren Streifen 
bedeuten die Verlängerungen der Flußmündungen, die schmäleren die Watten¬ 
straßen, welche man als natürliche Kanäle betrachten kann, durch welche die Schiff¬ 
fahrt zwischen den verschiedenen Inseln und überhaupt die Verbindung des Landes 
mit dem Meere vermittelt wird. Die Wattenstraßen werden, je nachdem sie breit 
oder schmal, tief oder seicht sind, Gaten, Priele, Leien, Lohen u. s. w. genannt. 
Auf der Karte erscheinen die Watten immer in gleicher Ausdehnung; in 
der Wirklichkeit ist es jedoch ganz anders. Bald nachdem die Wassermasse nach 
dem Eintritt der Ebbe zu sinken begonnen, treten die höhern Punkte der Wat¬ 
ten aus der Wasserwüste hervor, und wie das Wasser immer tiefer fällt, deh¬ 
nen sich die Watteninseln immer weiter aus, bis sie zur Zeit der Hohlebbe als 
große, graue Flächen, mit schmalen, silbernen Rändern umsäumt, daliegen.
	        
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