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142. Die heilige Nacht.
1. O Bethlehem, du kleine, 6.
was färbt um Mitternacht
dein altergrau Gesteine
für wunderhelle Pracht?
Die Hirten draußen auf dem Feld,
sie sehn von güldnem Glanze
die Gegend rings erhellt.
So tönt wie lauter Flöten,
gemischt mit Harfenklang,
der himmlischen Propheten
entzückender Gesang,
und leis verklingt'simHimmelsraum,
und nur die Sterne funkeln:
den Hirten dünkt's ein Traum.
2. Die Schäflein ruhn, umschimmert 7.
von silberklarem Schein,
und jedes Gräslein flimmert
wie grüner Edelstein,
und mitten in dem schönsten Licht,
da steht ein hoher Engel
mit holdem Angesicht.
Sie eilen hin zu sehen,
was ihnen angesagt.
O laßt mich mit euch gehen:
Gott grüß' dich, reine Magd!
Gott grüß' dich, o du Kindlein süß,
du zarte Rosenknospe
aus Gottes Paradies!
3. Der spricht mit mildem Munde: 8.
„Was fürchtet ihr euch so?
Ich bring' euch gute Kunde,
der alle Welt wird froh;
denn heut ist in der Davidsstadt
der Heiland euch geboren,
wie Gott verheißen hat.
Heil euch, ihr treuen Augen,
ans deren mildem Blick
die ganze Welt soll saugen
Licht, Frieden, Trost und Glück!
Seid mir gegrüßt zu tausendmal,
o sendet mir ins Herze
nur einen Liebesstrahl!
4. Geht hin und seht es liegen,
das Kindlein hold und zart,
gebettet statt der Wiegen
in einer Krippe hart,
gewickelt von der Mutter Hand
in arme, dünne Windeln
statt purpurnem Gewand."
9. Ja, laß ans Herz dich schließen,
du süßer Himmelsgast,
vom Haupte bis zu Füßen
sei minniglich umfaßt:
ist dir mein armer Dienst genehm,
so sei mein Herz dein Kripplein,
mein Haus dein Bethlehem.
5. Und aller Himmel Heere
erscheinen plötzlich da
und singen ihm zur Ehre
ein selig Gloria:
„Gelobt sei Gott in Himmelshöhn,
und Friede sei auf Erden,
den Menschen Wohlergehn!"
10. Da wachse, thron' und wohne,
du süßes Angesicht,
als meines Herzens Krone,
als meines Hauses Licht;
so wird in deinem Gnadenschein
mein Herz ein Tempel Gottes,
mein Hans ein Bethel sein.
K. Gerok.