Begründung in einem überzeugungstreuen Royalismus: aber in der 
Spezialität, wie er vorhanden war, ist er doch nur möglich unter der 
Wirkung einer gewissen Gegenseitigkeit des Wohlwollens zwischen Herrn 
und Diener, wie unser Lehnrecht die „Treue" auf beiden Seiten zur 
Voraussetzung hatte. Solche Beziehungen, wie ich sie zum Kaiser Wilhelm 
hatte, sind nicht ausschließlich staatsrechtlicher oder lehnrechtlicher Natur; 
sie sind persönlich und wollen von dem Herrn sowohl wie von dem 
Diener, wenn sie wirksam sein sollen, erworben sein; sie übertragen sich 
mehr persönlich, als logisch leicht auf eine Generation, aber ihnen einen 
dauernden und prinzipiellen Charakter beizulegen, entspricht im heutigen 
politischen Leben nicht mehr den germanischen, sondern eher den 
romanischen Anschauungen; der portugiesische porteur du coton ist in 
die deutschen Begriffe nicht übertragbar. 
IS. Aus Bismarcks Welt- und Lebensanschauung. 
Alfred Biese. 
In Luthers Tischreden, in Goethes Gesprächen mit Eckermann und 
dem Kanzler Müller, in seinen Briefen sprudelt ein reicher Quell des 
innersten Gefühlslebens und der tiefsten Lebensweisheit. Nicht anders 
bei Bismarck in seinen Reden, Ansprachen und Briefen. 
Man möchte wähnen, Bismarck, der Mann der Tat, ja der Gewalt¬ 
mensch, der gefürchtete Löwe auf dem Boden des inneren und des 
äußeren Kampfes, der Eiserne, dem man schon jetzt glaubt, die Gestalt 
eines in Eisen starrenden Roland geben zu müssen, er, der Realpolitiker, 
was hat er mit den Vertretern des Ideals im Glauben und Denken 
und Dichten zu tun? War er nicht weit entfernt von jener stillen, 
unpolitischen Zeit in dem Deutschland des 18. Jahrhunderts? Er, 
der für Preußens Machtstellung und dann für Deutschlands Größe 
unermüdet Tätige, der in gewaltigem Ringen einer unvergleichlichen 
diplomatischen Kunst sein Ziel erreichte, was hat er gemein mit jenen 
kosmopolitischen Träumern an der Ilm, vor allem mit Goethe, der 
scheinbar so gleichgültig aller patriotischen Bewegung gegenüberstand? 
Und doch! Goethe kann der nationalsten deutschen Dichter einer genannt 
werden mit seinem Götz, seinem Werther, seinem Faust, ja selbst mit 
seiner Iphigenie. Er konnte fragen: „Wenn ein Dichter lebenslänglich 
bemüht war, schädliche Vorurteile zu bekämpfen, engherzige Ansichten 
zu beseitigen, den Geist seines Volkes aufzuklären, dessen Geschmack 
zu reinigen und dessen Gesinnungs- und Denkweise zu veredeln: was
	        
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