Full text: Lesebuch für ein- und zweiklassige Volksschulen

21 
und mit den Worten: „Wo zwei satt werden, kann auch noch das 
dritte essen," zog er mit den drei Aindern heimwärts. 
Die Frau des Schiffers war ansänglich recht verwundert über 
den reichen Aindersegen; ihr Nutleid überwand jedoch alle Bedenken. 
Mit gleicher Liebe empfing sie alle drei und schickte fich sogleich an, 
ihnen die neue Heimstätte einzurichten. Dabei sollte ihr die Hilfe 
andrer Wenschen nicht fehlen; denn in wenigen stunden war dieser 
Vorfall in ihrer Ltadtgegend bekannt geworden, und von allen Leiten 
brachte man Betten, Aleider und Wäsche. 
Das neue Elternpaar aber und die Nachbarn hatten an den 
drei blühenden Aindern ihre helle Freude. Nach einer Zeitung. 
25. Cin treuer Diener. 
1. Ein reicher Herr in Polen fuhr zur Winterzeit in einem 
Schlitten nach dem Städtchen Ostrowo, nur von seinem Knechte Jakob 
begleitet, der dem Schlitten voranreiten mußte. Ehe sie die Stadt 
erreichten, mußten sie durch einen langen, einsamen Wald, und es war 
bereits Abend. Der Knecht schlug daher dem Herrn vor, in einer 
Herberge, die am Eingänge des Waldes lag, zu übernachten; denn im 
Walde seien viele Wölfe, und die Untiere seien wegen des harten 
Winters gar grimmig. Der Herr aber war einer von den wunder¬ 
lichen, die einen guten Rat, wenn er von einem Knechte kommt, nicht 
annehmen wollen. Er fuhr ihn an und schrie: er werde wohl des 
Reitens müde sein; aber er werde nichts danach fragen; sie müßten 
noch nach Ostrowo; es möge gehen, wie es wolle. 
2. Und so ging's vorwärts, was die Pferde laufen konnten. Kaum 
aber sind sie eine Strecke im Walde, so hört der Herr hinter sich ein 
lautes Heulen, und als er sich umwendet, sieht er die Wölfe in Rudeln 
hinter dem Schlitten daherjagen und die vordersten schon ganz nahe. 
„Jakob, Jakob," ruft er, „die Wölfe, die Wölfe!" 
Der treue Jakob erwidert kein Wort, sondern läßt ruhig den 
Herrn vorausfahren, reitet zwischen den Schlitten und die Wölfe, zieht 
seine Pistolen und schießt von Zeit zu Zeit unter sie. Damit schreckt 
er eine Weile die Bestien. Endlich aber hat er kein Pulver mehr, 
und als sie nun an den Schlitten heranstürzen, sagt er: 
„Herr, ich muß meinen armen Braunen opfern und sehen, daß 
ich zu Euch auf den Schlitten komme, sonst ist alles verloren." 
„Thu, wie du willst," sagte der Herr, und im Augenblick war 
der Jakob vom Pferde und aus den Schlitten gesprungen und hielt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.