Full text: Lesebuch für ein- und zweiklassige Volksschulen

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zeichnen sich aus dnrch ein Gewand, das nicht weitfaltig ist, sondern 
eng anliegt, so daß es die einzelnen Gliedmaßen erkennen läßt. Auch 
trägt man die Felle wilder Tiere. Nicht viel anders als der Mann 
kleidet sich die Frau. Nur trägt sie häufiger ein linnenes Gewand, 
das sie mit einem Purpurstreisen ziert. Diese Kleider haben keine 
Ärmel. 
5. Leben und Belästigung. Liegt der Germane nicht 
zu Felde, so bringt er seine Zeit mit Jagd, mehr noch im Müßig¬ 
gänge hin, mit Schlafen, Essen und Trinken. Gerade der tapferste 
und kriegslustigste Mann liegt in träger Ruhe, die Wirtschaft und 
Pflege des Hauses, die Bestellung des Ackers den Weibern, den Alten 
und Schwachen der Familie überlassend. — Es ist Brauch in den 
Gemeinden, daß aus freien Stücken jeder dem Fürsten ein Geschenk 
an Vieh oder Korn bringt. Willkommen sind vor allem Geschenke 
von Nachbarvölkern, die im Namen der Gesamtheit dargebracht werden: 
auserlesene Rosse, gewaltige Waffenstücke, Pferdegeschirr und Halsketten. 
Gleich nach dem Schlafe, der sich gewöhnlich bis in den Tag 
hineinzieht, wird gebadet. Nach dem Bade nimmt inan Speise zu sich. 
Dann geht es an die Geschäfte und ebenso oft zum Gelage, stets in 
Waffen. Tag und Nacht beim Becher zuzubringen, ist für keinen eine 
Schande. — Häufig kommt es natürlich in der Trunkenheit zu Streitig¬ 
keiten. Selten begnügt man sich dabei mit Scheltworten. Meistens 
endet der Hader mit Totschlag und Blutvergießen. Über Aussöhnung, 
Fürstenwahl, Krieg und Frieden pflegt man beim Gelage Rat zu 
halten, als wenn zu keiner andern Stunde der Geist fähiger sei, einen 
einfachen Gedanken zu erfassen und für einen großen sich zu erwärmen. 
Ihr Getränk ist der aus Korn und Honig bereitete Met. Die Speisen 
sind einfach: Feldfrüchte, frisches Wildbret oder geronnene Milch. — 
Von Schaustellungen ist nur eine bekannt, die sich bei jeder Ver¬ 
sammlung wiederholt: junge Leute, denen das Spiel Freude macht, 
tanzen nackt zwischen Schwertern und drohenden Lanzen, nicht um des 
Gewinnes willen, wenn auch der kühne Scherz nicht unbelohnt bleibt, 
sondern zur Freude des Zuschauers. Das Würfelspiel, sonderbar 
genug, treiben sie wie ein ernstes Geschäft, mit solcher Verwegenheit 
beim Gewinn und Verlust, daß, wenn alles verspielt ist, sie auf den 
letzten verzweifelten Wurf ihre Freiheit und ihre Person setzen. Willig 
folgt der Verlierende in die Knechtschaft, läßt sich geduldig binden 
und zum Verkaufe führen. Das nennen sie Treue dem gegebenen 
Worte.
	        
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