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nicht getötet, sondern im Gegenteil zu frischerem Wachstum uud zur
Entwicklung von Seitentrieben angeregt werden.
Dünen, die mit Gräsern und Halbgräsern bewachsen sind, dienen
als Weide für Schafe und junges Rindvieh. Auch einzelne Hasen
und wilde Kaninchen suchen hier ihre Nahrung. Ein reges Leben
entfaltet sich in den Gegenden, wo Tausende von Silbermöwen, Berg¬
enten, Meerschwalben, Austernsischeru und andern Seevögeln sich ein¬
stellen, um ihre Eier zu legen. Mit lautem Jammergeschrei fliegen
sie auf, wenn ein Wanderer ihre Brutplätze betritt. Im allgemeinen
aber fehlt es den Dünen an Abwechselung und Belebung. Sie
bieten an manchen Stellen das Bild einer völlig pflanzenlosen Wüste.
2. Der Nutzen der Dünen besteht vorzüglich darin, daß sie eine
schützende Mauer gegen die tobenden Fluten bilden und die kostbaren
Deiche ersetzen. Und doch sind sie sehr gefährliche Nachbarn. Ihre
verderbliche Wirkung äußert sich nämlich in der sogenannten Dünen¬
wanderung. Die ruhelos schäumenden Wogen höhlen den Fnß der
Dünen allmählich in solchem Grade aus, daß die oberen Teile ihren
Stützpunkt verlieren und hinunterstürzen. Vom Winde getrieben,
wirbelt nun der Sand an der äußeren steilen Seite wieder bis zur
Spitze empor uud lagert sich auf der andern Seite ab. So rücken
die Dünen langsam ins Land und schreiten über Felder, Häuser und
ganze Dörfer mit furchtbarer Sicherheit hinweg. Nach Jahrhunderten
kommen die Trümmer der verschütteten Gebäude am Meeresstrande
wieder zum Vorschein, um von den Wellen vollends zernagt und ver¬
schlungen zu werden. Heldenhaft haben die Friesen um ihre fester
gebauten, widerstandsfähigeren Kirchen gegen die wandernden Dünen
gekämpft. Die Glieder der Gemeinde Rantum auf Sylt krochen noch
durch die Fenster in ihr Gotteshaus uud setzten sich hier auf Sand¬
hügeln nieder, während der Prediger auf seiner Kanzel in einer
Sandgrube stand, bis endlich auch der letzte Eingang durch den Dünen¬
sand gesperrt wurde (1801).
Die Geschwindigkeit, mit der die Düne wandert, hängt teils da¬
von ab, wie dicht ihr Pflanzenwuchs ist, teils davon, wie stark der
Wellenschlag am Fuß der Düne einwirkt. Bei Rantum ist die Düne
von 1792 bis 1852 ungefähr 200 m, also jährlich reichlich 3 m, nach
Osten fortgeschritten. Die Kirche zu Ording in Eiderstedt, die im
Jahre 1650 gegen 900 in ostwärts verlegt wurde, lag im Jahre 1777
schon wieder am Fuße der Dünen. Hier betrug also die jährliche
Geschwindigkeit der Düneuwanderuug reichlich 7 m.