Object: Die Landschaften Europas (Bd. 2)

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Das Hochgebirge der Alpen. 
Die verschiedene Bevölkerungsdichtigkeit der Hauptalpen und 
der Kalkalpen geht aus folgendem Beispiel hervor. In dem schweizerischen 
Kanton Graubünden, der hauptsächlich Gebiete der Hauptalpen, u. a. die 
Thäler des Vorder- und Hinterrheins, umfasst, wohnen auf 1 qkm nur 13 E., 
im Kanton St. Gallen, der ganz in der Kalkalpenzone liegt, dagegen auf 1 qkm 
114 E. Tirol, zu dem ein bedeutender Teil des östlichen Alpengebiets, sowohl 
von der Hauptalpen- als auch von der Kalkalpenzone gehört, hat eine mittlere 
Bevölkerungsdichtigkeit von 30 E. auf 1 qkm. 
Beim Durchwandern der Alpenthäler fällt uns noch auf, dass 
einige ziemlich gleichmässig auf beiden Seiten besiedelt sind, 
dass sich dagegen in andern die Wohnhäuser und Dörfchen auf 
die eine Thalseite zusammendrängen. Erstere Erscheinung finden 
wir in den nordsüdlich verlaufenden Thälern, letztere in allen, die 
mehr in der Westostrichtung verlaufen und neben der kalten Schatten¬ 
eine wärmere und für menschliches Wohnen geeignetere Sonnenseite 
haben. Andere Gründe sind es, die bald ein geschlossenes, 
bald ein zerstreutes Wohnen bedingen. Die Thäler zwingen 
schon durch ihren Bau und regen ferner durch den Wasserlauf, 
der sie durchfliesst, an, die Wohnungen näher zusammen zu 
rücken. Die Bergabhänge oder Hochflächen, die noch nicht zu 
hoch gelegen sind, um besiedelt werden zu können, lassen dem 
Menschen Freiheit in der Wahl des Platzes, wo er seine 
Hütte bauen will. Diese Freiheit benutzte der vorwigend vieh¬ 
zuchttreibende Alpler um so mehr, als er in seinem Wohnen weder 
auf die Lage der Äcker, noch, als völlig unabhängiger Mann, auf 
Nachbarn Rücksicht zu nehmen brauchte. Ein lehrreiches Beispiel 
für die Verschiedenheit der Besiedelungsweise in den Alpenthälern 
und auf den Alpenhöhen bieten im Berner Oberlande die Ortschaften 
Lauterbrunnen, dessen Häuser sich tief unten im Lauterbrunnen- 
thale um sein Kirchlein scharen, und Wengen, dessen Häuser¬ 
gruppen sich hoch oben über eine weite Bergfläche ausbreiten, dar. 
Die Zahl der grösseren Städte ist in den Alpen gering. Wenn wir 
nur das eigentliche Alpengebiet bis zum Gebirgssaume in Betracht ziehen, so 
finden wir ausser Graz, das über 100000 E. zählt, keine Stadt mit 50000 E. 
Diese Zahl wächst aber, wenn wir auch nur einen 10 bis 20 km breiten Saum 
um die Alpen mitrechnen. Dann können wir noch eine zweite Stadt, die über 
100000 Einwohner zählt, flämlich Zürch, nennen und weitere 3 Städte, die 
über 50000 E. haben, nämlich Bern, Genf und Grenoble. Städte mit über 
25 000 E. sind schon viel zahlreicher. 
10. Staatenbildung : Die staatliche Zusammenge¬ 
hörigkeit und die staatliche Ordnung und Ein¬ 
richtung. 
Das Wohnen der Älpler in abgelegenen und abgesonderten 
Gebirgsthälern begünstigte die Entstehung kleiner Staaten. 
Es ist aber keines der Alpenthäler so gross, dass seine Staaten¬ 
bildung für sich allein einen dauernden Erfolg haben konnte. Nur
	        
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