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Wie die Verhältnisse einmal liegen, ist auch mit größtem Danke
das anzunehmen, was den alten und erwerbsunfähig gewordenen
Arbeitern durch das Jnvalidenversicherungsgesetz geboten wird.
Daß die gesetzlich bestimmten Summen gering sind, weiß der Kaiser
so gut wie der Bettler. Aber niemand kennt auch anwendbare
Mittel und gangbare Wege, durch die, ohne bedeutende Erhöhung
der ohnehin schon drückenden Steuerlast, jene Summen erheblich
vergrößert werden könnten. Da in Deutschland über zwölf
Millionen Arbeiter sind, handelt es sich um ganz ungeheure Be¬
träge. Bei derartigen Wünschen darf man aber auch die übrigen
Berufsklassen nicht übersehen. Wer sich mit gesunden Augen etwas
in der Welt umgesehen hat, weiß, daß es große Scharen von selb¬
ständigen Handwerkern, kleinen Bauern, niederen Beamten und
Lehrern gibt, die nicht selten mit Nahrungssorgen zu kämpfen
haben, ja oft in viel bitterer Not leben, als viele Arbeiter. Darum
hat der letztere gewiß Ursache, zufriedener zu sein, als er es ge¬
wöhnlich ist.
Dazu wird gewiß auch dienen, wenn er die gewaltigen Zahlen
des Aufwandes der Arbeitergesetze bis Ende 1901 beachtet. Ver¬
sichert waren gegen Krankheit 10 Millionen Personen, gegen
Unfall 171/2 Millionen und gegen Invalidität und Alter 12V2 Milli¬
onen. Geleistet wurden
durch die Kranken Versicherung 1840 Millionen Mark,
„ „ Unfall Versicherung 705 „ „ ,
„ „ Invaliden Versicherung 698 „ „
zusammen also 3143 Millionen Mark,
und zwar 2034 Millionen für Renten und Krankengeld,
1028 Millionen für Arzt, Heilmittel, Anstalts¬
pflege 2C. und
81 Millionen für Sterbegeld.
Von 1885 bis 1905 sind den Versicherten und Angehörigen, bei
Krankheit, Unfall, Invalidität und Alter gezahlt oder als Heil¬
behandlung geleistet 5104 Millionen Mark. Dazu kommen
noch die Reservefonds und sonstigen Bestände im Betrage
von 1400 Millionen Mark!
Wer sorgt für viele der oben Genannten bei Dienstunfähigkeit?
Wer hätte noch nicht von dem Elende so vieler Witwen und Waisen
gehört, deren Männer und Väter ihre Kräfte im Schul- oder in
anderem öffentlichen Dienste aufgerieben haben? Sollte von seiten
des Staates für alle gesorgt werden, so würde die Steuer für jeden
einzelnen gesunden Arbeiter so drückend werden müssen, daß die
dienst- und arbeitsfähige Menickcheit die Last als ein unerträgliches
Joch empfinden würde. Der Zweck der Alters- und Invaliden¬
versicherung kann nicht der sein, den Arbeiter aller Sorgen zu ent¬
rücken. Sorgen und Mühe, Leiden und Kampf werden den Men¬
schen stets bis ans Grab geleiten, er mag reich oder arm sein. Wohl
aher foll dem Arbeiter eine nicht zu verachtende Unterstützung für
den Fall der Not geboten, und ihm die Sorge erleichtert werden.