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sind, so vermögen die länger werdenden Nächte noch nicht
einen erkältenden Einfluß auszuüben.
An sehr heißen Tagen ziehen sich Gewitter am Himmel
zusammen, die dann ihre regenschweren Wolken über das
Land ansgießen, und Gürten und Felder erquicken. Lw unter
dem Einfluß von Sonnenschein und Regen wachsen die Saaten
des Landmanns, und gedeihen die Pflanzungen des Gärtners.
Es füllt sich die Ähre mit dem Nahrung gebenden Korn;
es färben sich die Früchte an den Bäumen mit mancherlei
Farben. Die Traube am Weinstock wird immer voller und
durchsichtiger von Tage zu Tage. Darüber freuen sich der
Gärtner und der Landmann, und sie hoffen reichen Segen
von der Arbeit ihrer Hände und von der Güte dessen, von
welchem alle gute und vollkommene Gabe herabkommt.
Aber noch ist manches zu thun, ehe sie die Früchte ihres
Fleißes und des Segens von oben genießen können. Da
muß der Land mann hinaus in die Hitze des Tages aus
das Feld, und mit der Sichel und mit der Sense das
Getreide schneiden, es in Garben binden, und in seine
Scheunen einfahren. Da fließt noch mancher Tropfen sauren
Schweißes von seiner Stirn, und sehr ermüdet geht er abends
heim in seine Hütte, um schon früh, ehe die Sonne ausge¬
gangen, aufs neue an die Arbeit zu gehen. Aber er denkt
dabei daran, daß es also die göttliche Ordnung ist, daß der
Mensch sein Brod essen soll im Schweiße seines Angesichts,
und so ist er fröhlich und guter Dinge bei seiner Arbeit,
und sie geht ihm wohl von Statten.
Auch der Gärtner sammelt, was ihm sein Garten ge¬
tragen hat. Da gibt es mancherlei Gemiise, als Schoten,
Bohnen, Mohrrüben, Blumenkohl; mancherlei Beeren, die an
Sträuchern und Stauden wachsen, als Johannisbeeren,
Stachelbeeren, Himbeeren, Erdbeeren, auch Baumfrüchte wohl,
als Kirschen, Aprikosen und Pfirsiche. Die sammelt er, und
bringt sie zu Markte, und die Leute, die keinen eigenen
Garten haben, der ihnen so schöne Früchte trägt, kaufen ihm
den Ertrag seines Bodens ab, damit auch sie von den schönen
Gaben des Sommers genießen.
Das mag wohl eine schöne Jahreszeit heißen, wo so
überall der Segen Gottes den Menschen in die Hände fällt;
auch wir Kinder freuen uns darauf, denn wir sinden das
Kahls Lesebuch. 7