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32. Die letzten Freiheitskampfe.
Am 31. Dezember des Jahres 1813, als der Glockenschlag die
Stunde der Mitternacht verkündete, ertönte im Blücherschen Heere
die Musik, ein Zeichen zum Ansbruch, und das neue Jahr wurde
bewillkommnet von unsern Brüdern durch das Überschreiten des
Rheins, des freien deutschen Rheins. Auch die beiden andern
Heere setzten über den Fluß und zogen nach Frankreich. Es gab
noch manches Gefecht zu bestehen, und mancher der Kampfenden
fand ans französischem Boden sein Grab, ehe Paris erreicht wurde.
Doch es wurde erreicht. Napoleon mußte seine Regierung nieder¬
legen, und er, dem nach dem Besitze Europas gelüstete, erhielt
nichts weiter als die kleine Insel Elba, im mittelländischen Meere,
westwärts von Italien gelegen, kaum sieben Meilen im Geviert
umfassend. Hoffnung auf bessere Zeit nahm er mit in seine Ver¬
bannung. Die Verbündeten aber, nachdem sie in Paris den Frie¬
den abgeschlossen hatten, begaben sich nach Wien, wo ein Kon¬
greß sd. h. Zusammenkunft zu gemeinsamer Berathung) eröffnet
wurde, durch welchen die Angelegenheiten Deutschlands geordnet
werden sollten. Ein schweres Werk, das zu ordnen, was durch
fünf und zwanzigjährige Unruhen war verwirrt worden. Doch
kam man damit noch im folgenden Jahre zu Stande. Bei dieser
Gelegenheit kam auch unter andern ein großer Teil der Lausitz
an den König von Preußen. Diese hatte feit den Zeiten Karls IV.
zu Böhmen gehört, war aber im 30jährigen Kriege an den Kur¬
fürsten von Sachsen gekommen, und jetzt wurde ein Teil derselben
zur Provinz Brandenburg, ein anderer Teil zur Provinz Schlesien
geschlagen.
Ehe aber der Kongreß beendet war, kam auf einmal die Nach¬
richt nach Wien, Napoleon habe Elba verlassen und sei an der
französischen Küste gelandet. So war es. Viele Franzosen waren
ihm alsbald zugefallen. Sein Zug nach Paris glich einem
Triumphzuge. Mit jedem Tage wuchs die Zahl seiner Anhänger
und bald stand er an der Spitze eines Heeres, mächtig genug,
die Sieger Frankreichs in Schrecken zu setzen. Ein neuer Kampf
begann 'jenseits des Rheins. Viele tapfere Deutsche fielen. Doch
die Schlacht bei Waterloo oder la belle Alliance, wo die Eng¬
länder unter Wellington ruhmvoll kämpften, und wo Blücher, der
Held, in den Kampf wacker eingriff. entschied Frankreichs und
Deutschlands Geschick, den 18. Juni 1815. Die Franzosen wur¬
den gänzlich geschlagen. Zu Paris wurde ein zweiter Friede ge¬
schloffen und Napoleon auf die den Engländern gehörige^ Insel
St. Helena, westlich von Afrika, verwiesen, wo er 1821 gestorben
ist. Im Anfange des Jahres 1841 wurden seine irdischen Über¬
reste nach Frankreich gebracht und daselbst unter großen Feierlich¬
keiten beigesetzt.