Full text: Bürger- und Haushaltungskunde

einem Bund, „Deutscher Bund“ genannt, zusammen. Ab¬ 
gesandte der Bundesstaaten bildeten den Bundestag, der in 
Frankfurt a. M. seinen ständigen Sitz hatte und unter dem Vor¬ 
sitze Oesterreichs die gemeinsamen Angelegenheiten Deutschlands 
regeln sollte. Bald aber zeigte es sich, daß der Bundestag den 
mit wachsender Stärke auf größere Einheit und auf parlamen¬ 
tarische Rechte gerichteten Wünschen eines großen Teiles der 
Nation nicht gerecht zu werden vermochte. Preußen, das bei 
seiner Ausdehnung von der Mosel bis zur Memel die Hauptlast 
zum Schutze des deutschen Bundes tragen mußte, geriet in die 
heftigste Gegnerschaft zu Oesterreich und dem Sondergeiste der 
deutschen Mittelstaaten, sobald es versuchte, seine Stellung in 
Deutschland zu einer seiner realen Macht einigermaßen ent¬ 
sprechenden zu gestalten. Zwar gelang es Preußen, die deutschen 
Staaten, außer Oesterreich, im „Deutschen Zollvereine“ 
£U einer wirtschaftlichen Einheit zusammenzufassen, aber die 
Anläufe zu einer einheitlichen Ordnung Deutschlands scheiterten 
an dem Widerstand Oesterreichs. Eine immer wachsende Partei 
in allen deutschen Staaten nährte daher mit zunehmendem Erfolge 
den Gedanken der Ausscheidung Oesterreichs aus dem Bunde 
und der bundesstaatlichen Verbindung der deutschen Staaten 
unter Preußens Führung. Die Verwirklichung dieses Gedankens 
und die endliche Neubildung eines deutschen Reiches gelang dem 
König Wilhelm von Preußen, dem nachmaligen Kaiser Wilhelm I. 
Als im Jahre 1864 die unter dänischer Regierung stehenden 
deutschen Herzogtümer Schleswig und Holstein für Deutschland 
wieder gewonnen worden waren, entfachte die Frage über die 
künftige Stellung und Verwaltung dieser Ländergebiete einen 
Krieg zwischen den Bundesstaaten und Preußen. In wenigen 
Wochen warf Preußen seine sämtlichen Gegner zu Boden und 
Oesterreich mußte aus dem deutschen Staatenverbande ausscheiden 
(1866). Diese Siege machten es Preußen möglich, Schleswig- 
Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt a. M. 
seinem Gebiete anzugliedern, sämtliche nördlich des Maines ge¬ 
legenen Staaten zum „Norddeutschen Bund“ zusammen¬ 
zufügen und sich durch dessen Verfassung die militärische Führung 
zu sichern. Die süddeutschen Staaten (Bayern, Württemberg, 
Baden und Hessen-Darmstadt) schlossen mit Preußen ein 
Schutz- und Trutzbündnis ab und verpflichteten sich, 
im Kriegsfälle ihre Heere unter den Oberbefehl des Königs von 
Preußen zu stellen. Damit war die ersehnte Einigung Deutsch¬ 
lands hoffnungsvoll angebahnt. 
Aber die sich entwickelnde deutsche Einheit erregte den 
Neid Frankreichs und führte im Juli 1870 zur Kriegserklärung 
des Kaisers Napoleon III gegen Preußen Einmütig erhob sich 
die gesamte deutsche Nation gegen den Friedensstörer. Unter 
ausgezeichneter militärischer und diplomatischer Führung errang 
die heldenmütige deutsche Armee so entscheidende Siege, daß 
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