293
zerzauste Schalenkleidchen ab, so daß es nun fast nackt seine Wanderung
durch die verschiedenen Mahlmaschinen antreten kann.
Wir unterscheiden 2 Arten von Mahlmaschincn: Mahlgang und
Walzenstühle. Der Mahlgang besteht ans 2 verstellbaren Mahlsteinen, dem
festen Bodenstein und dem beweglichen Läufer. Beide sind geschärft, d. h.
man hat mit einer Picke Furchen in den Stein geschlagen, deren scharfe
Ränder die Körner zerreiben und in denen sich das Mehl nach außen
schiebt. Die Walzcnstühle haben 2 geriffelte Hartguß- oder glatte Porzellan-
walzen. Dieselben drehen sich in verschiedener Geschwindigkeit, wodurch die
Körner zerrieben werden. Beide Mahlmaschinen befinden sich in Holz¬
kästen, damit die Mahlcrzeugnisse sich nicht zerstreuen. Beim Mahlen
des Getreides sind 2 verschiedene Verfahren zu unterscheiden: die Flach-
und Hochmüllerei. Bei der Flachmüllerei wird das Korn sofort gemahlen.
Sie kennt im höchsten Falle 2 Durchgänge durch den Mahlgang. Zwischen
den Arbeitsflächen der Steine befindet sich nur ein äußerst geringer Abstand,
und hiervon wird auch die Benennung abgeleitet. Die Hochmüllerei, welche
aus Österreich und Ungarn stammt, ist das am höchsten entwickelte Mahl-
verfahren. Das Wesen desselben liegt in der stufenweisen Zerkleinerung.
Bei dem 1. Durchgang steht der Läufer des Mahlgangs hoch (daher der
Name), oder die Walzen laufen weit auseinander, so daß die Körner nur
leicht gebrochen werden. Beim 2., 3. und noch öftern Durchgang mit stets
enger gestellten Mahlwcrkzengen wird das Korn mehrmals geschrotcn, d. h.
nach und nach zerkleinert, so daß immer feinere Erzeugnisse entstehn.
Hochmüllerei eignet sich am besten für harte, nicht aber für weiche Weizen.
Bei letztern findet die Halbhochmüllerei Verwendung, welche 3—4mal
schrotet, während dies bei der Hochmüllerei 5—8mal geschieht. Roggen
wird ausnahmslos flach vermahlen.
Die durch die verschiedenen Schrotungen entstehenden Grieße, Dunste
und Mehle werden in Maschinen von einander geschieden. Das Mehl wird
durch Siebe aus feinem Metalldraht oder Seidengaze nach seiner Güte
getrennt, während Grieße und Dunste noch weiter vermahlen werden; auch
hierbei erfolgt nach jedem Durchgang ein Aussichten. Man verwendet hierzu
als Maschinen Zylinder, Plan- und Zentrifugalsichter. Die aus dem
Innern des Korns gewonnenen Mehle sind die feinsten, da sic eine tadellos
weiße Farbe haben und ihre Stäubchen aus dünnwandigen Zellen bestehn.
Die Mehle, die den äußern Schichten des Korns entstammen, sind gröber
und dunkler. Bei jeder Schrotung entsteht aber auch Kleie, die mit den
Grießen und Dunsten vermischt ist. Letztere müssen.deshalb vor ihrem
Weitervermahlen „geputzt" werden. Die Kleie, die leichter ist als die
übrigen Mahlerzeugnisse, wird durch die rüttelnde Bewegung der Pntzmaschine
nach oben befördert und durch einen Luftstrom hinwcggeführt. Sie fällt in
in einen trichterförmigen Behälter, woselbst sie bequem abgesackt werden kann.
Die Mühlen der Neuzeit zeichnen sich besonders noch dadurch aus,