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säure die einzelnen Teilchen des Teigs auseinander, so daß im Innern
desselben sich unzählige Bläschen und Höhlungen bilden und der Teig auf
diese Weise an Umfang wächst. Der Bäcker freut sich des und sagt: der
Teig geht. Den Vorgang selbst bezeichnet er mit dem Worte Gärung.
Beim Einteigcn wird der Sauerteig zunächst nur mit einem
kleinen Teil des Mehls und etwa 2 1 lauwarmem Wasser vermengt.
Man erhält so den 1. Sauer, welcher ziemlich fest sein muß und etwa
5-6 Stunden ruhig stehn bleibt. Während dieser Zeit geht er in Gärung
über. Hierauf wird der 2. Sauer (Lab) hergestellt, welcher weicher als der
1. ist und nur etwa 2'Z Stunden stehn bleibt. Während der Gärung
sollen Fenster und Türen geschloffen bleiben, damit nicht der Teig infolge
Zugluft eine Kruste erhält. Man sucht dies auch durch Verwendung von Gär¬
kästen zu vermeiden. Manchmal werden zu diesem Zwecke auch Wasserdümpfe
in der Backstube erzeugt, oder der Teig wird mit fettigem Papier zugedeckt.
Wenn der Sauer reif ist, wird das abgewogene Salz zugefügt, und beide
Teile werden mit Wasser fein verknetet. Nun wird das Mehl in 2 Malen
beigegeben, und das eigentliche Kneten des Teigs beginnt. Diese anstrengende
und zeitraubende Arbeit, durch welche die einzelnen Teile des Sauers mit
dem zu verwendenden Mehle und dem nötigen Wasser mechanisch miteinander
gemischt werden, verursacht auch eine vollständige chemische Einwirkung aller
einzelnen Stoffe aufeinander. Das Kneten muß so lange geschehen, bis der
Teig nicht mehr an den Fingern haften bleibt. Diese Arbeit, welche viel
Geschick und Kraft erfordert, wird im Großbetriebe vielfach mit der Knet¬
maschine ausgeführt. Dieselbe ist teils für Hand-, teils für Dampf- oder
elektrischen Betrieb eingerichtet. Sie besteht aus Trog und Flügelwerk, von
denen das letztere beweglich ist und den Teig in den verschiedensten Richtungen
ununterbrochen zusammendrängt und auseinanderzieht. Die Maschine arbeitet
rascher unb gleichmäßiger als die Hand des geschicktesten Kneters. Für kleinere
Betriebe eignet sie sich freilich nicht so gut, weil bei zu geringer Benutzung
das verhältnismäßig hohe Anlagekapital sich nicht genügend verzinst und die
Reinigung zu viel Zeit beansprucht.
Nach dem Kneten wird der Teig für kleinere Backwaren in der Regel
gleich verarbeitet; für größere Brote wird er jedoch einer nochmaligen kurzen
Gärung überlassen. Die Umwandlung der Stärke in Zucker setzt sich beständig
fort, und immer neue Mengen Kohlensäure und Alkohol werden gebildet.
Würde nun der Bäcker den Teig immer weiter gären und gehn lassen, so
würde die Gärkraft geringer werden und endlich ganz aufhören. Der Teig
aber sänke dann wiederund ginge zurück; auch seine Haltbarkeit würde durch
die atlzngroße Menge von Gasen beeinträchtigt. Daher muß im rechten
Augenblick der Gärung eine Ende gemacht werden. Dies geschieht durch das
Auswirken oder das nochmalige Durchkneten und Formen in Stücke von
bestimmtem Gew-icht. Zum Teilen des Semmclteigs bedient man sich in
den meisten Bäckereien der Teigteilmaschine. Sie besteht aus einer runden