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Don der Arbeit. 
Papier über die Straße zu fahren. So ist es recht, und so fordert es die 
Ehre der Arbeit; denn jede Arbeit, sie sei hoch oder niedrig, ehrt ihren Voll¬ 
bringer und bringt ihm keine Schande. „Alle Arten, sein Brot zu verdienen," 
sagt Lessing, „sind einem ehrlichen Manne gleich anständig." Die Treue im 
Berus adelt selbst die schmutzigste Arbeit. 
Der Grundsatz der Ehrenhaftigkeit einer jeden Arbeit wurzelt tief und 
fest im echt deutschen Gemüt. W e unsre Vorfahren üder die Arbeit dachten, 
ergibt sich u. a. ans den deutschen Sprichwörtern, den Trägern des Volks- 
sinnes. „Arbeit ist des Ruhines Mutter", „Wo Arbeit das Haus bewacht, 
kann Armut nicht hinein", „Arbeit hat bittere Wurzel, aber süße Frucht", 
„Arbeit gebiert Ruhe", „Arbeit hat allzeit Vorrat" usw. Und wie sprechen 
sich die deutschen Dichter aus? Schiller behauptet: 
„Arbeit ist des Bürgers Zierde, 
" Segen ist der Mühe Preis. 
Ehrt den König seine Würde, 
ehret uns der Hände Fleiß." 
Kerniger spricht sich Freiligrath aus, wenn er sagt: 
„Jedem Ehre! jedem Preis! 
Ehre jeder Hand voll Schwielen! 
Ehre jedem Tropfen Schmeiß, 
der in Hütten fällt und Mühlen! 
Ehre jeder nassen Stirn 
hinterm Pfluge! — Doch auch dessen, 
der mit Schädel und mit Hirn 
hungernd pflügt, sei nicht vergessen." 
Das ist echt deutsche, das ist zugleich christliche Auffassung der Lebeils- 
mühen. Sollen wir die Ansichten des alten Heidentums oder die christliche 
Lebensanschauung teilen? Wir meinen, die Wahl sei nicht schwer. Wer 
die Arbeit mit dem Makel der heidnischen Sklaverei belastet, wer sie des 
freien Mannes nicht würdig hält, der versündigt sich gegen den Geist der 
Humanität, der ist der schlimmste Feind der menschlichen Freiheit und eines 
gesunden Fortschritts. 
„Arbeit ist das Leben der Natur 
und allen dienen: ihre höchste Freiheit." 
So ist's. Alle großen und nachhaltigen Erfolge, welche die Menschheit 
je errungen hat, gingen aus der Arbeit und zwar aus der Arbeit des ein- 
zeluen für die Gesamtheit hervor 
Der Gedanke, durch seine Arbeit nicht bloß sich selbst, sondern auch 
andern zu dienen, seine schwache Einzelkraft für das Wohl des Ganzen ein- 
zusetzen, verleiht selbst der niedrigsten Art von Arbeit einen hohen Adel, 
und da alle Menschen ohne Ausnahme zur Arbeit und zwar nicht bloß 
für sich selbst, sondern auch für andre verpflichtet sind, so offenbart sich in 
dieser Tatsache eine wunderbare Harmonie, die unwidersprechlich zur Er- 
kenntnis der durch das Christentum gelehrten Gleichheit der Menschen 
führen MUß. 3- I. Sachse, Des Lehrers Rüstzeug.
	        
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