Gewerbliche Arbeiter.
375
allen wichtigen, die Gesamtinteressen des Handwerks oder die Interessen ein¬
zelner Zweige desselben berührenden Angelegenheiten nicht in das Belieben
der Behörden gestellt, sondern gesetzlich vorgeschrieben ist.
V. Jnnungsverbände können durch Innungen, welche nicht derselben
Aufsichtsbehörde' unterstehen, gebildet werden. Der Beitritt ist durch die
Jnnungsversammlung zu beschließen.
Die Jnnungsverbände haben die Aufgabe, zur Wahrnehmung der Inter¬
essen der in ihnen vertretenen Gewerbe die Innungen, Jnnungsausschüsse
und Handwerkskammern in der Verfolgung ihrer gesetzlichen Aufgaben, sowie
die Behörden durch Vorschläge und Anregungen zu unterstützen. Sie sind
befugt, den Arbeitsnachweis zu regeln, sowie Fachschulen zu errichten und zu
unterstützen.
205. Gewerbliche Arbeiter.
Allgemeine Verhältnisse.
Der Arbeitsvertrag ist gewöhnlich Gegenstand freier Vereinbarung, wie
auch die Lohnverhältnisse durch gegenseitige Übereinkunft geregelt werden.
Personen unter 21 Jahren müssen jedoch ein Arbeitsbuch führen, welches von
der Polizeibehörde des Ortes, an welchem sie zuletzt ihren dauernden Aufent¬
halt gehabt haben, kosten- und stempelfrei auf Antrag oder mit Zustimmung
des Vaters oder Vormundes ausgestellt wird. Das Arbeitsbuch ist vom
Arbeitgeber zu verwahren und sind von demselben die Zeit des Eintritts, die
Art der Beschäftigung und die Zeit des Ausritts mit Tinte einzutragen.
Nach regelmäßiger Lösung des Verhältnisses wird das Arbeitsbuch der Arbeiter
unter 16 Jahren an den Vater oder Vormund, mit Genehmigung der Be¬
hörde aber auch an den Arbeiter selbst oder an die Mutter ausgehändigt.
Die Eintragung eines Urteils über die Führung oder die Leistung eines
Arbeiters ist nicht zulässig. Beim Abgänge können die Arbeiter ein Zeugnis
über Art und Dauer der Beschäftigung sowie über Führung und Leistung
fordern. Bei Minderjährigen ist das Zeugnis dem Vater oder Vormunde
auszuhändigen.
Die Lohnzahlung muß bar in Reichswährung erfolgen; die Zahlung
in Waren oder in Kreditierung des Lohnes ist verboten. Lebensmittel,
Wohnung und Landnutzung, Feuerung, Beleuchtung, Beköstigung usw. dürfen
nur zu den durchschnittlichen Selbstkosten auf den Lohn angerechnet werden.
Lohneinbehaltungen, welche vom Arbeitgeber zur Sicherung des Ersatzes
eines ihm aus der widerrechtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses er¬
wachsenden Schadens ausbedungeu werden, dürfen ein Viertel des fälligen
Lohnes nicht übersteigen.
Für Fabriken, in denen in der Regel mindestens 20 Arbeiter beschäftigt
werden, ebenso für Hüttenwerke, Bauplätze, Ziegeleien usw. mit unuuter-
brochenem Betriebe, sind Arbeitsordnungen vorgeschrieben. Die Arbeits-
ordnung muß in der Fabrik usw. öffentlich aushängen und jedem Arbeiter
bei seinem Eintritt in die Beschäftigung eingehändigt werden. Sie wird vom
Arbeitgeber erlassen, doch ist den großjährigen Arbeitern Gelegenheit zu geben,
sich über sie unmittelbar oder durch einen ständigen Arbeiterausschuß zu
äußern. Die Arbeitsordnung unterliegt der obrigkeitlichen Genehmigung.