Full text: Lesebuch für Oberklassen

211 
Frische, grüne Gewächse kamen auf dem Meere geschwommen. — 
Am 11. Oktober erhob sich ein frischer Wind. Rasch flogen die 
Schiffe vorwärts. Am Abend bemerkte Kolumbus einen leuch¬ 
tenden Punkt; am Morgen des 12. Oktober 1492 sahen alle das 
langersehnte Land. Die Segel wurden eingezogen, und die 
Schiffe näherten sich langsam dem fremden Ufer. Kolumbus 
stieg zuerst ans Land. Er warf sich auf die Kniee, küßte die Erde 
und dankte Gott mit Tränen der Rührung. Alle Schiffsleute 
folgten seinem Beispiele. Dann erhob sich Kolumbus, zog sein 
Schwert, entfaltete das königliche Banner und nahm von dem 
neuen Lande Besitz im Namen Spaniens. Kolumbus gab der 
neuentdeckten Insel den Namen San Salvador, d. i. Rettungs¬ 
insel. Nach kurzer Ruhe fuhr Kolumbus von San Salvador südlich 
und entdeckte die großen Inseln Cuba und Haiti. Auf Haiti er¬ 
baute er eine kleine Festung und legte eine Besatzung von 38 Spa¬ 
niern hinein. Dann trat er die Rückreise nach Europa an. 
Kolumbus unternahm nun noch drei Reisen nach dem neu¬ 
entdeckten Lande, wurde aber vielfach verdächtigt und einst sogar 
auf Haiti iu Ketten gelegt. Abgezehrt von Gram und Kummer, 
kehrte er nach Spanien zurück. Jsabella war gestorben. Ferdinand 
aber kümmerte sich nicht mehr um ihn. So starb Kolumbus, mit 
Undank belohnt. Die Ketten, mit denen er in Haiti gefesselt 
worden war, wurden, wie er es gewünscht hatte, in seinen Sarg 
gelegt. Nach Detter. 
32. Der Bauernstand Im Mittelalter. 
Aus den Strohdächern des Dorfes ragt nur die Kirche 
hervor. Sie ist aus Feldsteinen gebaut und vom Kirchhofe 
umgeben. Unregelmäßige Reihen von Bauernhäusern umrahmen 
den Dorfplatz, auf dessen Mitte der mit Stroh gedeckte Zieh¬ 
brunnen sichtbar ist. Im Hintergründe erhebt sich der Herren¬ 
hof auf einer Anhöhe, deren Abhang Weinberge, Äcker und 
Baumgärten zeigt. Die stattlichsten Häuser sind aus Fachwerk, 
die meisten aber aus Erde und Lehm. Und wie armselig sieht 
es im Innern aus! Der Boden ist nicht gedielt; die Fenster 
haben keine Scheiben; durch das Strohdach dringen Regen 
und Schnee in die elende Wohnung. Ein fester Zaun aus Pfählen 
und verflochtenen Zweigen umgibt das ganze Dorf. In Kriegs¬ 
zeiten hält dieser Zaun den Feind so lange zurück, bis die Be¬ 
wohner ihre beste Habe in die Kirche oder auf den Kirchhof
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.