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hängt fie denn lange als todt, und die Raupe ist auch wirk¬
lich nicht mehr vorhanden. Auf einmal aber bricht der
Frühlings-Sonnenschein herein, da springt der Sarg entzwei
und aus dem Grabe geht nun ein ganz anderes Leben her¬
vor, als das vorige war: ein schöner, bunter Schmetterling,
der all das Schädliche und Häßliche, das die Raupe hatte,
abgelegt hat, der gar keine Blätter und keinen Koth mehr
fressen mag, sondern mit feiner niedlichen, langen Zunge
allenfalls blos die Thautröpflein oder auch den Honigfaft
aus den Blüthen saugt, sehr oft aber auch gar nichts mehr
zu genießen braucht, weil er sich in dieser feiner letzten Ge¬
stalt der Welt nur ganz kurze Zeit zeigt: Sehr viele In¬
fekten machen eine solche Absterbung und gänzliche Ver¬
wandlung durch und leben hernach zuletzt als schönes geflü¬
geltes Insekt in der Lust und auf Blumen, während sie vor¬
her als Wurm in der Erde, im Wasser, im Morast und
Unrath lebten; doch können sich auch manche Insekten, z. B.
die häßliche Laus, der giftige Skorpion, die Spinne, nicht
dazu entschließen, so zu sterben, und bleiben bis ans Ende
das, was sie waren, eine häßliche Spinne oder Laus oder
Skorpion.
Bei einer solchen Verwandlung kann man sich viel den¬
ken, und schon die Alten haben deßhalb den Schmetterling
und seine Verwandlung als ein Sinnbild der Unsterblich¬
keit der Seele betrachtet.
98. Gott ist's.
Kleine Biene, wer sagt es dir,
Daß die Blumen blühen hier?
Wer hat denn dir den Tisch gedeckt,
Daß es dir so lieblich schmeckt?
Weißt du, wer so an dich gedacht?
Gott ist's, der Alles hat gemacht.
99. Die Schlangen.
Noch immer glauben Leute, daß die giftigen Schlan¬
gen mit der Zunge stechen. Allein es ist schon lange
außer Zweifel gesetzt, daß sie an der obern Kinnlade
zwei Giftzähne haben, die sie in eine Scheide zurück¬
ziehen und wieder hervorstoßen können. Diese Zähne sind
hohl und haben an den Spitzen eine seine Oeffnung,
hinter jedem derselben beftndet sich eine Drüse, in wel-