Full text: Hohenzollerisches Lesebuch für katholische Volksschulen

wie groß im Jahr mein Ausfall sei. 
So rechn' ich nicht! Ein Tag bescheret, 
was der, so aus ihn kommt, verzehret; 
dies folgt im Jahr, ich weiß die Zahl, 
dreihundertfünfundsechzigmal". — 
„Ganz recht! Doch könnt Ihr mir's nicht sagen, 
was pflegt ein Tag wohl einzutragen?" 
„Mein Herr, Ihr forschet allzusehr — 
der eine wenig, mancher mehr, 
so wie es füllt; jedoch zur Klage 
bringt mich nicht mancher meiner Tage." 
Dies schien den Reichen zu erfreun. 
„Hans", spricht er, „du sollst glücklich sein. 
Jetzt bist du nur ein schlichter Prahler; 
da hast du bare fünfzig Taler, 
nur unterlasse den Gesang! 
Das Geld hat einen bessern Klang." 
Er dankt und schleicht mit scheuem Blicke, 
mit mehr als dieb'scher Furcht zurücke. 
Er herzt den Beutel, den er hält, 
und zählt und wägt und schwenkt das Geld, 
das Geld, den Ursprung seiner Freude 
und seiner Augen neue Weide. 
Es wird mit stumnier Lust beschaut 
und einem Kasten anvertraut, 
den Band und starke Schlösser hüten, 
beim Einbruch Dieben Trotz zu bieten, 
den auch der karge Tor bei Nacht 
aus banger Vorsicht selbst bewacht. 
Sobald sich nur der Haushund reget, 
sobald der Kater sich beweget, 
durchsucht er alles, bis er glaubt, 
daß ihn kein frecher Dieb beraubt. 
Er lernt zuletzt, je mehr er spart, 
wie sich mit Reichtum Sorge paart 
und wie des Geldes dunkle Freuden 
den Menschen von der Freiheit scheiden, 
die nur in reine Seelen strahlt 
und deren Glück kein Geld bezahlt. 
Dem Nachbar, den er stets gewecket, 
bis der das Geld ihm zugestecket, 
dem stellt er bald aus Lust zur Ruh 
den vollen Beutel wieder zu, 
und spricht: „Herr, lehrt mich bessre Sachen, 
als statt des Singens Geld bewachen! 
Nehmt immer Euren Beutel hin
	        
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