Full text: Hohenzollerisches Lesebuch für katholische Volksschulen

111 
den Sack eilends zu und rannten damit in das Rathaus, den Tag 
auszuschütten. Andre taten dasselbe mit verdeckten Gefäßen, als 
Hafen, Kesseln, Zubern und was dergleichen ist. Einer lud den Tag 
mit einer Strohgabel in einen Korb, der andre mit einer Schaufel ; 
etliche gruben ihn aus der Erde hervor. Eines Schildbürgers soll 
besonders gedacht werden, welcher den Tag in einer Mäusefalle zu 
fangen gedachte, und ihn so, mit List bezwungen, ins Haus tragen 
wollte. Jeder verhielt sich, wie es sein Narrenkopf ihm eingab. Und 
solches trieben sie den langen, lieben Tag, so lang als die Sonne 
schien, mit solchem Eifer, daß sie vor Hitze fast erlechzten und unter 
der Müdigkeit fast erlagen. Sie richteten aber so wenig damit aus, 
als vor Zeiten die Riesen, da sie Berge auf einander türmten, um 
den Himmel zu erstürmen. Darum sprachen sie zuletzt: „Rein, es 
wäre doch eine feine Kunst gewesen, wenn es geraten wäre!" 
122. Wie die Schildbürger vor dem Maushund 
Reihaus nahmen. 
(Gustav Schwab.) 
In Schilda gab es keine Katzen, wohl aber so viel Mäuse, 
daß vor ihnen auch im Brotkorbe nichts sicher war. Was man nur 
neben sich stellte, ward von ihnen gefressen und zernagt. Darüber 
waren die Bürger in großen Ängsten. 
Da begab es sich, daß ein fremder Wandersmann durch ihren 
Ort zog. Der trug eine Katze auf dem Arm und kehrte bei dem 
Wirte ein. Der Wirt fragte ihn, was doch dieses für ein Tier sei. 
Er sagte, es sei ein Maushund. Nun waren die Mäuse in Schilda 
so einheimisch und zahm, daß sie vor den Leuten gar nicht mehr 
flohen und am Tage ohne alle Scheu hin und her liefen. Darum 
ließ der Wandersmann die Katze laufen, und diese erlegte vor den 
Augen des Wirts nicht wenig der Mäuse. Als der Gemeinde dies 
durch den Wirt angekündigt wurde, fragten die Schildbürger den 
Mann, ob ihm der Maushund feil wäre, sie wollten ihn: denselben 
gut bezahlen. Er antwortete, der Hund sei ihm zwar nicht feil; weil 
sie aber seiner so gar bedürftig wären, wollte er ihnen denselben an¬ 
gedeihen lassen, und das um einen billigen Preis. Und so forderte 
er hundert Gulden dafür. Die Bauern waren froh, daß er nicht 
mehr verlangt hatte, und wurden mit ihm des Kaufes eins in der 
Art, daß sie ihm die Hälfte der Summe bar darlegen sollten, das 
übrige Geld sollte er nach Verfluß eines halben Jahres abholen. Der 
Kauf ward eingeschlagen; der Fremde trug den Schildbürgern den 
Maushund in ihre Burg, in der sie ihr Getreide liegen hatten und 
wo es auch am meisten Mäuse gab. Der Wanderer zog eilends mit
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.