Full text: Hohenzollerisches Lesebuch für katholische Volksschulen

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Sohne; aber dieser wurde bald des alten Mannes überdrüssig, und- 
eines Morgens sagte er zu ihm: „Vater, ich habe heute nacht ein. 
Knäblein bekommen, und wo Euer Armstuhl jetzt steht, da sollte eine 
Wiege stehen; wollt Ihr nicht zu meinem Bruder ziehn, der eine 
größere Stube hat?" — Der Vater zog zu dem Bruder; aber nach 
einiger Zeit ward auch dieser seiner überdrüssig und sagte: „Vater,. 
Ihr habt gern eine warme Stube; mir aber tut der Kops davon weh. 
Wollt Ihr nicht zu meinem Bruder gehn, der ein Bäcker ist?" Der 
Vater ging, und da er nun eine Zeitlang bei feinem dritten Sohne 
gewesen war, wurde er auch diesem zur Last, und derselbe sprach: 
„Vater, bei mir geht es aus und ein wie in einem Taubenschlage,, 
und Ihr könnt Euer Mittagsschlüschen nicht halten; wollt Ihr nicht 
zu meiner Schwester ziehn, zu der Käthe, die an der Stadtmauer 
wohnt?" Und der Vater merkte, wieviel es geschlagen hatte und> 
sprach bei sich selbst: „Wohlan, ich will mich aufmachen und es bei 
meinen Töchtern versuchen; die Frauen haben ein sanfteres Herz." 
Da er aber eine Zeitlang bei seiner Tochter gewesen war,, 
wurde er ihr lästig und sie sagte, es sei ihr immer Höllenangst, wenn 
der Vater zur Kirche oder sonst wohin gehe und die hohe Treppe 
hinunter müsse. Bei der Schwester Elisabeth brauche er keine Treppe 
zu steigen, die wohne zu ebner Erde. 
Damit er im Frieden wegkam, gab ihr der Vater recht und zog. 
zu seiner andern Tochter; und da er eine kurze Zeit bei derselben ge¬ 
wesen war, wurde sie seiner müde, und sie ließ ihm durch eine dritte 
Person sagen, ihre Wohnung am Bache sei für einen alten Mann, 
der mit der Gicht geplagt sei, zu feucht; ihre Schwester, die Toten- 
grüberin bei St. Johann, habe eine überaus trockne Wohnung. Der 
alte Vater glaubte auch selbst, sie könnte recht haben und begab sich 
vor das Tor zu seiner jüngsten Tochter Lene. Und als er zwei Tage 
bei ihr gewesen war, sagte ihr Söhnlein zu dem Großvater: „Die 
Mutter sprach gestern mit der Base Elisabeth und sagte zu ihr, für 
Euch gebe es kein besseres Unterkommen als in einer Kammer, wie 
sie der Vater grabe." Über diese Rede brach dem Vater das Herz^ 
so daß er in seinen Sorgenstuhl zurücksank und starb. St. Johannes 
nahm ihn auf; er war barmherziger als die sechs Kinder des alten 
Vaters. Glaubt ihr wohl, oaß es solch undankbaren Kindern gut 
gehen kann auf Erden? 
21. Ein Friedhofsbesuck. 
(Joh. Nev. Vogl.) 
Beinl Totengräber pocht es an: 
„Mach aus, mach aus, du greiser Mann! 
Tu aus die Tür und nimm den Stab,, 
mußt zeigen mir ein teures Grab!"
	        
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