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erhärtet er sogleich. Ein Kokon wird aus einem einzigen, gegen
3 km langen Faden angefertigt und bildet die geschätzte Seide.
Die gedrungene, stumpfe Puppe ist bräunlich. Die Seidenzucht war
bereits um 2600 vor Christi Geburt in China bekannt. Unter der
Regierung des Kaisers Justinian 552 n. Chr. brachten zwei Ba-
silianermönche in ausgehöhlten Stockknöpfen Eier nach Konstanti¬
nopel, wo die ersten Versuche mit ihnen angestellt wurden. Von
hier aus verbreitete sich die Seidenzucht allmählich über Süd-Europa;
in Amerika führte sie Franklin 1770 ein. Wenn im Frühlinge das
Laub der Maulbeerbäume die erforderliche Größe erlangt hat, holt
man die Eier, die im Winter im Keller gelegen haben, zum Aus¬
schlüpfen hervor. Die Raupen legt man auf Strohpappen, —
Hürden genannt, — die, um Raum zu ersparen, in Form von
Büchergestellen aufgestapelt werden. Fünf- bis sechsuml täglich er¬
halten sie frisches Laub. Das Wachstum der Raupe dauert
gegen vier Wochen. Während dieser Zeit häutet sie sich vier¬
mal. Zur Erleichterung der Verpuppung legt man aus Hobelspänen,
Reisig, Rapsstroh oder ausgespannten Bindfäden sogenannte Spinn¬
hütten an. Um aus den Kokons die Seidengewebe herzustellen,
verfährt man in folgender Weise: Zuerst werden die Kokons in
einen Backofen gebracht, um die Puppen zu töten. Einige Seiden¬
raupenzüchter ziehen es vor, heißen Wasserdampf anzuwenden. Nach¬
dem nun die lockeren Gespinstfäden, die Flock- oder Florettseide,
abgelöst sind, wirft man die Kokons in siedendes Wasser. Mit einer
Rute gequirlt, lockern sich die Gespinstfäden, und deren Ende bleibt
an der Rute hangen. Ist einmal das Ende des Fadens gesunden,
so läßt sich der übrige Teil leicht mit einem Haspel abwickeln.
Später wird die Seide zu Fäden gesponnen und gewebt. Die na¬
türliche Farbe der Seide ist weiß, gelb, grünlich oder isabellfarben.
Alle andern Farben der Seidenzeuge sind künstlich hergestellt. Ein
Pfund Seide kostet 24 Mark. Nord-Italien führt jährlich für etwa
81 Milk. Mark Seide aus.
310. Die Kokospalme.
(Aug. Nath. B öhn er.)
In den paradiesischen Gegenden der Erde, wo die Strahlen
der tropischen Sonne einen überschwänglichen Reichtum immer
grünender Gewächse dem Boden entlockt, erheben die Palmen ihre
prachtvollen Häupter weit über die höchsten Wipfel des Urwaldes:
liebliche Bilder der Anmut und Würde, ein köstlicher Schmuck des
Schemels der Füße Gottes. Die edle Einfachheit ihrer Formen
und ihres Baues, die Majestät ihres Wuchses, die Schönheit ihrer
Blätterkronen, die Vortrefflichkeit ihrer Früchte geben dieser Pflanzen-
samilie ein erhabnes Gepräge und machen es begreiflich, daß die