Full text: Hohenzollerisches Lesebuch für katholische Volksschulen

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welcher sich um seine Schultern schlägt, und in der Quaste, welche 
seine Schwanzspitze ziert. Im Vergleich mit den andren Katzen ist 
der Rumpf des Löwen kurz, der Bauch eingezogen, und der ganze 
Körper erscheint deshalb wohl kräftig, nicht aber plump. Die 
Augen sind klein und haben runde Sterne, nicht längliche wie bei 
der Katze; die Schnurren sind in sechs bis acht Reihen geordnet. 
Vor allem ist es die Mähne, welche den männlichen Löwen aus¬ 
zeichnet und ihm das stolze königliche Ansehen gibt. 
Ein Königsmantel, dicht und schön, 
umwallt des Löwen Brust als Mähn'; 
eine Königskrone wunderbar, 
sträubt sich der Stirne straffes Haar. 
Diese Mähne bekleidet in vollster Ausbildung den Hals und 
die Vorderbrust, hat aber so verschiedene Gestaltungen, daß man 
aus ihr allein das nähere Vaterland des Löwen, von dem es doch 
nur eine einzige wirkliche Art gibt, mit Leichtigkeit erkennen kann. 
Das Vaterland des Löwen ist auf Afrika beschränkt, wo er 
sich aus Furcht vor den Feuergewehren, z. B. am Kap der guten 
Hoffnung schon über die Wohnsitze der Engländer, Holländer und 
Deutschen zurückgezogen hat, während er im Norden Afrikas vor 
den Franzosen von Algier zurückweicht. 
Der Löwe geht mit der Löwin gemeinsam auf die Jagd, und 
auch mehrere männliche Löwen vereinigen sich zuweilen zu diesem 
Zwecke. Nicht leicht kommen sie in Streit, leben aber auch sehr- 
vereinzelt, weil jeder zu seiner Ernährung ein großes Jagdgebiet 
bedarf. Breite, waldige Täler bilden seinen Lieblingsaufenthalt; 
im Gebirge scheint es ihm nicht zu behagen. Wo ihn bei seinen 
Streifzügen der Morgen überrascht, da bleibt er liegen in den ver¬ 
borgensten Teilen des Dickichts. 
Im ganzen ähneln seine Gewohnheiten denen andrer Katzen, 
doch weicht er auch in vielen Stücken sehr wesentlich von ihnen ab. 
Er ist ruhiger, als alle übrigen Mitglieder der Katzeufamilie, und 
liebt deshalb größere Streifzüge durchaus nicht, sondern sucht es 
sich so bequem zu machen als möglich. 
Seine Lebensweise ist eine rein nächtliche, nur gezwungen ver¬ 
läßt er am Tage sein Lager. Bei Tage begegnet man ihm äußerst 
selten, im Walde nur, wenn man ihn durch Hunde auftreiben läßt; 
dagegen sieht man ihn einzeln, obgleich selten, von einem erhabnen 
Punkt Umschau über die Gegend halten, wahrscheinlich um die 
Beute auszukundschaften. Erst mit der Nacht zeigt er sich allgemein 
und kündet durch donnerartiges Brüllen seine Wache und den Beginn 
seiner Streifzüge an. 
Man begreift, daß alle Tiere, welche diesen fürchterlichen Räuber 
kennen, vor Entsetzen fast die Besinnung verlieren, sobald sie ihn 
nur brüllen hören. Dieses Gebrüll ist bezeichnend für das Tier- 
selbst. Man könnte es einen Ausdruck seiner Kraft nennen; es ist
	        
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