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überschattet. Sind diese Inselchen nur durch schmale Gräben von—
einander getrennt, so ist zwischen ihnen eine Verbindung durch hohe,
einfache Brücken hergestellt. An jedem Ufer ist nämlich ein hoher Baum—
stamm in die Erde getrieben; auf beiden ruht ein Brett, und zwei
schräg daran gelegte Stämme, mit Leisten benagelt, dienen als Treppe
hinauf. Die Brücken sind so hoch, damit auch ein mit Heu beladener
Kahn frei unten durchfahren kann. Im übrigen wird der Verkehr
zwischen den Inseln im Sommer durch Kähne vermittelt. Das ist
ein immerwährendes Kommen und Vorübergleiten dieser kleinen, ab—
gestumpften Fahrzeuge, die sich auf den engen Wasserstraßen mit der
größten Leichtigkeit ausweichen. Sonntags fährt alt und jung in
vollem Putze zu Kahn in die Kirche. An den langen, dunklen Herbst—
abenden tragen die Spreewäldlerinnen ihre altertümlichen Spinnräder
in die Fahrzeuge und schwimmen in die Spinnstube. Zu Kahn
werden auch die Früchte des Feldes und das Gras der Wiesen heim—
gebracht oder auf die Märkte der nahen Städte geschafft.
Im Winter ändert sich das Bild. Sind die Gräben nur
notdürftig zugefroren, so binden sich Knaben und Mädchen ihre
Eisen unter die Holzschuhe und laufen in die Schule. Männer und
Weiber gleiten auf den Schlittschuhen mit erstaunlicher Geschwindigkeit
über das blanke Eis in die Kirche, in die Spinnstube, in die Schenke
zum Tanze. Jeder Schlittschuhläufer trägt eine lange Stange in der
Hand, um sich durch sie über dem Wasser zu halten, wenn das dünne
Eis unter den Füßen des Tollkühnen einbricht; dann schüttelt er
das Wasser aus den Kleidern und läuft munter weiter, als sei nichts
geschehen.
Doch jetzt sind wir noch im lachenden Sommer, und wieder
begegnen wir einer Flotte von Kähnen; wieder schallt uns Lust und
Jubel entgegen. Eine stattliche Hochzeitsgesellschaft fährt nach Burg
zur Kirche. Lustig, wenn auch manchmal die Ohren zerreißend,
schmettert die Musik voran, begleitet von Jauchzern und Pistolen—
schüssen aus allen Kähnen. Die Braut trägt ein schwarzes Kleid
und eine große, weiße Haube mit schwarzer Kopfbinde. Die weißen,
steif gestärkten und dicht gefältelten Leinwandflügel der Haube sind
von dem Umfange eines ziemlichen Wagenrades. Ein schwarzer, hoher
Hut, ein langschößiger Rock und ein riesiger Blumenstrauß mit bunten
Bändern im Knopfloche schmücken den Bräutigam.
Aber Freude und Leid sind oft nahe beieinander. Noch
ehe wir unsere Fahrt beendet haben, zieht still und feierlich eine
lange Reihe von Kähnen an uns vorüber. Auf dem ersten Kahne