Full text: Erdkunde von Europa (ohne Deutschland) und die außereuropäischen Erdteile, allgemeine Erdkunde, Kultur- und Wirtschaftsgeographie, Geschichte, Tierkunde, Pflanzenkunde, Erdgeschichte, Menschenkunde und Gesundheitslehre, Physik und Chemie (Bd. 2)

Niederlanden fehlen. Der Rhein teilt sich, nachdem er Deutschland verlassen 
hat, und bildet mit Maas und Schelde ein Gewirr von Mündungsarmen 
und niedrigen Inseln. Der Hauptarm ist der Waal, der vor seiner 
Mündung noch die Maas ausnimmt. Wie das deutsche Gebiet an der Nord¬ 
see, so besteht auch Holland aus einer Geest - und Moorlandschaft und 
einem ausgedehnten Marschland. Das sandige Geestland ist nur dünn be¬ 
völkert; doch ist es der zähen Arbeit der Holländer gelungen, einen Teil des 
Bodens aufzuforsten oder in Felder und Wiesen zu verwandeln. Wo noch Heide- 
boden vorhanden ist, dient er als Schafweide. Auch in der Aufarbeitung der 
Moore, die zu einem großen Teil entwässert und urbar gemacht wurden, sind die 
Holländer Meister. Den wertvollsten Teil Hollands bilden die grünen Mar¬ 
schen, die weit ausgedehnter sind als die an der deutschen Nordfeeküste. Sie 
umsäumen als breiter Gürtel die Küste und den Unterlauf des Rheins, der Maas 
und der Schelde. 
Früher waren die Seemarschen durch einen langen Dünenwall gegen das Meer ge¬ 
schützt. Jetzt ist die Dünenkette nur noch an der geradlinigen Küste von der Rheinmün¬ 
dung bis zu den westfriesischen Inseln ungebrochen. Weiter nördlich und östlich wurde 
sie von Sturmfluten zerstört. Als Reste der früheren Küste blieben die We st friesi¬ 
schen Inseln übrig; die Zuidersee (Seudersee), früher ein Binnensee, wurde 
ebenfalls durch den Einbruch der Meeresfluten in einen großen Meerbusen verwandelt. 
Die Fluß- und Seemarschen, insgesamt ein Viertel des Landes, liegen tiefer (bis 
zu 5 m) als der Wasserspiegel der Flüsse und des Meeres. Um das kostbare Land gegen 
die Überschwemmungen der Ströme und gegen das Vordringen des Meeres zu schützen, 
hat man die Marschen eingedeicht. Die Niederländer haben die festesten Dämme 
in der Welt geschaffen und scheuen keine Anstrengungen, sie stets in gutem Zustande 
zu erhalten. Die Kronen der Deiche dienen zugleich als Straßen. Da der Ackerboden in¬ 
folge der tiefen Lage sehr feucht ist, müssen die Holländer ständig für Entwässerung sorgen. 
Zu diesem Zwecke ist das Land mit schnurgeraden, sich rechtwinklig schneidenden Kanälen 
durchzogen, in denen sich das Wasser sammelt. Pumpwerke, die mit Dampf oder vom 
Wind getrieben werden, heben das Wasser aus den Nebenkanälen und Gräben der 
tieferen Fluren in die höher liegenden Hauptkanäle oder in die Flüsse, die es dem 
Meere zuleiten. Die Mündungen der fließenden Gewässer sind mit Schleusen versehen, 
die sich zur Ebbezeit, dem Druck der Binnengewässer folgend, von selbst nach außen 
öffnen. Die andrängende Flut schließt sie wieder selbsttätig und unterbricht den Abfluß. 
Die schiffbaren Kanäle durchziehen das Land wie ein Netz und begünstigen die Binnen¬ 
schiffahrt, die für die Bevölkerung eine Vorschule für die Seeschiffahrt ist. Da das Ge- 
fäll der fließenden Gewässer für Wassermühlen zu gering ist, treten in Holland an deren 
Stelle allenthalben Windmühlen, die von den ständig wehenden, kräftigen Winden be¬ 
wegt werden. 
Das fette Marschland bietet in Holland überall denselben Anblick. Die tiefe¬ 
ren Stellen sind ein unabsehbares, baumloses Grasland mit prächtigen Herden 
schwarzweißen Fleckviehs. Dazwischen sehen wir auf etwas höherem Gelände 
sorgfältig angepflanzte Gärten und Äcker; auf den trockensten Stellen aber er¬ 
richtet der Holländer feine Häuser. 
Das Klima zeichnet sich durch kühle Sommer und milde Winter, reiche 
Niederschläge und viel Nebel aus. Die große Luftfeuchtigkeit befördert den Gras¬ 
wuchs ungemein. Da in der ewigfeuchten Luft das Holz rasch fault und das 
Eisen leicht rostet, so werden die Gebäude öfters mit Ölfarbe gestrichen. Auch 
die Putzbürste muß oft gebraucht werden, da der Boden leicht am Schuhwerk 
hängen bleibt und so ins Haus getragen wird. Der Reinlichkeitssinn der Hollän¬ 
der ist sprichwörtlich. 
Die holländischen Bauern sind treffliche Landwirte. Auf hoher Stufe 
steht die Rindviehzucht und die Bereitung von Butter und Käse. Aber die Hol-
	        
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