Full text: Erdkunde von Europa (ohne Deutschland) und die außereuropäischen Erdteile, allgemeine Erdkunde, Kultur- und Wirtschaftsgeographie, Geschichte, Tierkunde, Pflanzenkunde, Erdgeschichte, Menschenkunde und Gesundheitslehre, Physik und Chemie (Bd. 2)

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II. Nordafrika. 
1. Die Atlasländer. 
In der Nordwestecke Afrikas erhebt sich in der doppelten Länge der Alpen 
die hohe Kette des Atlasgebirges, das sich von der Kleinen Syrte bis zuni 
Atlantischen Ozean hinzieht und als Fortsetzung der Apenninen erscheint- Die 
dem Mittelländischen Meer und dem Ozean zugekehrte Seite empfängt von den 
feuchten Seewinden reiche Niederschlüge. Ans den höchsten Gipfeln füllt 
Lchnee, der die Flüsse auch in der Trockenzeit speist. An der Küste gedeihen alle 
Gewächse der Mittelmeerlünder: Ölbaum, Zitronen, Orangen und Mandeln. 
Hinter der atlantischen Küste dehnt sich eine fruchtbare Ebene aus, deren 
schwarze Erde üppige Weizenernten hervorbringt. Dann folgt, etwas höher 
gelegen, eine Steppe, die nach deni milden, regenreichen Winter ein treffliches 
Weideland siir Herden von edlen Rossen, Kamelen, Schafen und Ziegen bietest. 
Steigen wir an den Abhängen des Gebirges empor, so finden wir in den Oasen 
herrliche Fruchthaine mit Mandeln, Pfirsichen, Aprikosen, Felder mit Gerste, 
immergrüne Laubbäume, Korkeichen und Oliven. Der nordöstliche Teil des 
Atlas, das T e l l, fällt steil zum Meere ab. Die zahlreichen, halbkreisförmigen 
Buchten mit ihren Vorgebirgen waren friiher Schlupfwinkel der Seeräuber. 
Tie Abhänge des Tell sind ein reichbewüssertes, fruchtbares Kulturland, 
wo europäische (französische) Ansiedler Frühgemüse, Wein und Südfrüchte 
pflanzen und nach Europa versenden. Zwischen deni Kleinen und dem Hohen 
Atlas breiten sich steppenartige Hochflächen aus, wo sich infolge der raschen Ver¬ 
dunstung abflußlose Salzsiimpfe und Salzseen (— Schotts) gebildet haben. Der 
Boden ist hier mit Halsagras bedeckt, dessen y2m lange Blätter gesammelt und zum 
Zweck der Papiersabrikation ausgefiihrt werden. Die der Wiiste zugewandte Seite 
des Atlas hat wenig Niederschläge. Nur wo das Grundwasser am Wüstensaum 
zutage tritt, sind Oasen entstanden. An wilden Tieren leben in den Atlasländern 
Löwen, Hyänen und Antilopen. 
Zur Römerzeit gehörten die Atlasländer als Kornkammern zu den wertvollsten 
Provinzen des römischen Reiches. Aber die Bewässerungsanlagen aus jener Zeit sind 
unter der mehr als tausendjährigen Herrschaft der Araber zerfallen, und die einst so 
blühenden Städte sind verschwunden. Die Bewohner des Atlasgebietes sind die klugen, 
betriebsamen Berber; die herrschende Sprache ist die arabische, der vorwiegende Glaube 
der Islam. 
Staaten: 1. Marokko ist wegen seiner Lage an zwei Meeren und wegen seiner 
natürlichen Reichtümer das wichtigste Atlasland. Seit 1911 ist es französischer Schutz¬ 
staat. Infolge der früheren Mißwirtschaft liegt das Land sehr darnieder. Keine 
einzige fahrbare Straße führt ins Innere. Deutsche Unternehmer haben sich in 
Marokko niedergelassen und beuten namentlich die reichen Lager von Eisenerz 
aus. Der Haupthandelsplatz des Landes ist Tanger (tändscher), wo die europäischen 
Konsuln ihren Sitz haben. In dem gewerbreichen Fes blüht besonders die Gerberei, die 
aus Schaf- und Ziegenfellen seine, farbige Ledersorten (Maroquin und Saffian) her¬ 
stellt. Am Fuße des hohen Atlas inmitten herrlicher Dattelhaine liegt Marakesch. 
2. Algerien und der Schutzstaat Tunis sind Frankreichs wertvollster Besitz 
in Afrika. Algier steht unter rein militärischer Verwaltung. An der Südgrenze ver¬ 
mögen die Franzosen nur durch starke Besatzungen (Fremdenlegion) ihre Herrschaft über 
die unruhigen Araber aufrecht zu erhalten. Die Hauptstadt ist Algier. Tunis liefert 
Öl und Datteln. Die Hauptstadt Tunis (200 000) ist ein Ausgangspunkt für die 
Karawanen und liegt an derselben Bucht, wo einst das meerbeherrschende Karthago blühte.
	        
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