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72. Das Kaplaud-
Die Südspitze Afrikas heißt das Kapland. Die südliche Küste
desielben dehnt sich etwa 200 Stunden in der Richtung von Westen
nach Osten hin aus, und von ihr hebt sich das Land terrassenförmig
empor. Dian betritt vom Meere her zuerst eine buchtenreiche, von
Flüssen durchströmte Küstenebene, in der wellenförmig Berg und Thal
wechseln, und aus der Getreidefelder Prangen. Nördlich begrenzen sie
die dunkelbewaldeten schwarzen Berge, Uber welche man zu den Karoo-
steppen emporsteigt, die sich 120 Stunden von Westen noch Osten in
einer Breite von 30—40 Stunden erstrecken. -In diesen Steppen sieht
man zur Sommerszeit nichts als ausgedörrten, wasserleeren Boden.
Die Regenzeit aber entfaltet schnell den herrlichsten Wiesen- und Blu¬
menteppich. Ganze Heerden hochbeiniger Strauße steigen dann von den
benachbarten Höhen herab; Giraffen und Antilopen durchwandern die
grüngewordene Wüste. Die Kolonisten kommen mit ihren Heerden, um
die Rinder und Schafe auf die frische, gesunde Weide zu führen. Aber
dies Leben dauert nur vier Wochen. Denn wenn die Sonne höher
steigt und die Tage länger werden, welken die Blüthen und fallen ab;
die Flüsse vertrocknen, und die Quellen versiegen. Jetzt müssen die
Heerdenbesitzer wieder fort nach der höher gelegenen, kühleren Heimath.
Einsamer wird die Karoo, und gegen Ende des Septembers ist sie
völlig verödet. Das Erdreich springt mit tiefen Rissen auf, und ein
dunkler Staub bedeckt den harten, röthlichen Boden. — Ueber jähe
Schneeberge steigt man endlich zu der dritten Terrasse, dem Hochlande
Afrikas, empor. — Die Hauptstadt des Kaplandes ist die Kapstadt, an
der Taselbai und am Fuße des Tafelberges gelegen. Die Holländer,
welche längere Zeit im Besitz des Kaplandes waren, haben sie gebaut,
und daher hat sie ein freundliches, reinliches Ansehen. Seit 1814 be-
stnden sich die Engländer im Besitz des Kaplandes. Die alten Ansiedler,
holländische Bauern, sind weiter nach Norden in das Gebiet der Kaffern
gezogen, wo sie die freien Gebieter spielen und mit den Eingebornen
arg genug verfahren. Die ursprünglichen Bewohner des Kaplandes,
die Kaffern und Hottentotten, sind zum Theil noch weiter nach Norden
zurückgewichen. Beide Völkerschaften zerfallen in mehrere Stämme.
Die Kaffern, welche an der Ostküste wohnen, scheiden sich in Zuluhs,
Fingus, Betschuanen. Zn den Hottentotten gehören die Korannas,
Namaguas und Buschmänner.
Die Kaffern sind ein kräftiger Menschenschlag, groß gewachsen
und von nicht häßlichen Gesichtszügen. Ihr Haar ist schwarz, kurz,
wollartig. Ihr schwarzes Gesicht färben sie braun. Sie sind voll
Muth und Entschlossenheit und nicht ohne Verstand. Thierfelle, be-
sonders Ochsenhäute, bilden ihre Bekleidung. — Ihre Wohnungen sind
aus Zweigen zusammengefügt und haben die Form eines Bienenkorbes;
mehrere derselben bilden einen „Kral." Ihr Reichthum besieht in
Heerden. Obgleich nicht gerade streitsüchtig, scheuen sie doch den Kampf
nicht, wenn es gilt, ihr Recht zu vertheidigen. Sie lieben es, ihren
Feind aus dem Hinterhalte zu überfallen, wobei sie sich mit Kraft und
Geschicklichkeit ihrer Wurfspieße bedienen. — Zu den Hottentotten
kFhören die Buschmänner. Sie Hausen in den großen Wildnissen im |