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er sich an die Spitze seiner Württemberger, als er gegen Napoleon ziehen
durfte. Unter seiner geschickten Führung zeichneten sie sich bei Montereau
ruhmvoll aus (1814). Nach der Rückkehr vom Wiener Kongreß vermählte
sich Wilhelm mit der schönen, geistreichen Großfürstin Katharina von Ru߬
land, und noch in demselben Jahr (1816) bestieg er den Königsthron.
2. Regienmgstätigkcit. Der König gelobte, „die Wohlfahrt und das
Glück seines Volkes sei das einzige Ziel seiner Bemühungen, und es sei sein
ernstes Bestreben, die Erreichung dieser Zwecke durch eine Verfassung sicher¬
zustellen." Mit aufrichtiger Freude begrüßte das Volk den neuen Herrscher,
der auch alsbald zeigte, daß ihm das Wohl desselben am Herzen liege.
Er milderte die Strenge in der Verwaltung, verminderte den Wildschaden
und beseitigte allen unnötigen Prunk in der Hofhaltung.
In dem Hungerjahr 1816, in welchem der Preis eines achtpfün-
digen Brotlaibs auf vier Mark und der eines Simris (12 kg) Kartoffeln
auf sieben Mark gestiegen war, suchte der König in Gemeinschaft mit feiner
edlen Gemahlin die Not des Volkes nach Kräften zu lindern. Er verbot
die Ausfuhr von Getreide, steuerte dem Wucher und ließ 75000 Scheffel
(1 Scheffel — 120 1) Getreide aus Holland kommen und zu herabgesetzten
Preisen verkaufen. Getreu ihrem Grundsatz: „Ich muß mit der Zeit geizen,
das Ende kann früh herankommen", sorgte die Königin Katharina in
rastloser Tätigkeit für die Armen und Notleidenden. Sie errichtete in Stutt¬
gart Speiseanstalten, um dadurch dem Kinderbettel zu steuern; sie gründete
den Wohltätigkeitsverein, der dem Elend wehren sollte; auch schuf
sie die Württembergische Sparkasse, die bis auf den heutigen Tag ein Segen
für viele geworden ist. Für die Bildung und Erziehung armer Mädchen in
Stuttgart sorgte die Königin durch die Gründung der Katharinenschule, und
für die Ausbildung der Töchter höherer Stände rief sie das Katharinenstift
ins Leben. Nur zu bald machte der Tod der segensreichen Wirksamkeit
dieser trefflichen Fürstin ein Ende. Sie starb schon im Jahr 1819; in der
Grabkapelle auf dem Württemberg ruhen ihre Gebeine (Gedicht von Gerok:
Seht ihr dort die Bergkapelle?). Der König vermählte sich später mit
seiner Base Pauline, der Mutter des Königs Karl.
Im Todesjahr der Königin Katharina wurden die Verfassungs¬
kämpfe zu einem glücklichen Ende geführt. Die Württembergische Verfassung,
die jedem Staatsbürger Freiheit der Person, des Eigentums und des Ge¬
wissens zusicherte, galt als eine der volkstümlichsten. Die Leibeigenschaft
wurde aufgehoben und das Recht der Auswanderung freigegeben. Alle drei
christlichen Konfessionen waren gleichberechtigt und in der Ausübung ihrer
religiösen Pflichten unbehindert. Die Volksvertretung hatte bei der Gesetz¬
gebung und der Aufstellung des Staatshaushalts mitzuwirken. Das Land