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6. Herzog Christoph <1550—1568).
1. Jugendzeit. Herzog Christoph war einer der trefflichsten Fürsten,
die Württemberg gehabt hat. Doch waren ihm nur wenig frohe Tage
beschieden. Christoph wurde im Jahr 1515 auf dem Tübinger Schloß
geboren. Ein halbes Jahr nach der Geburt floh seine Mutter Sabina nach
Bayern. Vier Jahre später wurde fein Vater aus dem Lande vertrieben.
Der junge Prinz fiel in die Hände des Kaisers und sollte in Innsbruck
erzogen werden. Überall, wohin er auf der Reise kam, hatte man Mitleid mit
dem heimatlosen Fürstenkind. Beim zweiten Nachtlager spielte Christoph in
einem Wirtshaus mit einem Lamm. Er hatte eine solche Freude an dem
Tierleiu, daß er inständig bat, es mitnehmen zu dürfen. Als ihm die Bitte
abgeschlagen wurde, forderte er den Wirt auf, dem Tierchen ja reichlich
Futter zu geben; wenn er wieder komme, wolle er's bezahlen (Gedicht: Prinz
Christoph und das Lamm).
2. Jünglings- und Mannesalter. Von Innsbruck aus kam Christoph
nach Wien, wo er in Michael Tiffernus einen vortrefflichen
Lehrer erhielt, der ihn in den Sprachen und in der Geschichte unterrichtete.
Kaiser Karl V., der eine Freude au dem wißbegierigen Jüngling hatte,
ließ sich gern von ihm vorlesen und nahm ihn mit sich auf seine Reisen.
Im Jahr 1530 besuchte der Prinz mit dem Kaiser den Reichstag zu Augs¬
burg, wo der aufgeweckte Jüngling zum erstenmal etwas von der evangelischen
Lehre hörte. In dieser glänzenden Versammlung lernte er auch seine Ver¬
wandten von Bayern und die Freunde seines Vaters kennen. Insbesondere
machte der Landgraf Philipp von Hessen den Württembergischen Fürstensohn
mit seinen Ansprüchen auf Württemberg bekannt. Auf einer späteren Reise
durfte Prinz Christoph seine Mutter in Urach besuchen. Mit Jubel und
Freude wurde er von den Württembergern aufgenommen, so daß ihn der
Kaiser mit Mißtrauen behandelte und scharf beobachtete. Er nahm den
Prinzen auf eine Reise nach Italien mit und soll die Absicht gehabt haben,
ihn nach Spanien zu schicken und dort in ein Kloster zu stecken, damit man
in Württemberg nichts mehr von ihm höre. Allein der Plan des Kaisers
wurde durch den treuen Tiffernus vereitelt. Auf der Grenze von Tirol und
Bayern entflohen Tiffernus und der Prinz unbemerkt aus dem kaiserlichen Ge¬
folge. Zwar jagten ihnen spanische Soldaten nach, aber die Flüchtlinge ent¬
kamen glücklich den Verfolgern. Prinz Christoph traf wohlbehalten bei seinen
Verwandten zu Landshut in Bayern ein (Gedicht: So nächtlich auf der
Reisen). Von da aus schrieb er an seinen Vater. Seine bayerischen Ver¬
wandten und andere deutsche Fürsten wollten dem Prinzen wieder zu seinem
Erbe verhelfen, der Kaiser aber weigerte sich.