Full text: Württembergisches Realienbuch

18 
Franzosen gegen die Preußen kämpfen sollte. Mit unmenschlicher Strenge 
vollzog er die Aushebungen zum Militär. Er nahm der Witwe 
den einzigen Sohn und führte andere Jünglinge vom Pflug, aus den 
Werkstätten, ans den Betten und aus den Kirchen weg. Als der Krieg be¬ 
endigt war, wurde das Heer nicht entlassen; es diente jetzt zu Scheingefechten 
und Schaustellungen. Das kostete viel Geld. Dazu kam die außerordentliche 
Pracht und die Verschwendungssucht, die damals am Stuttgarter Hofe 
herrschten. Die vielen Feste und Jagden verursachten einen riesigen Aufwand. 
Ungeheure Summen verschlangen auch die zahlreichen Bauten, welche 
Herzog Karl erstellen ließ, wie das neue Schloß in Stuttgart, die Schlösser 
auf der Solitude, in Hohenheim usw. Daher war der Herzog fortwährend 
in Geldverlegenheit. Ans dieser suchten ihn seine Räte mit gar bedenklichen 
Mitteln zu befreien. Sie verkauften die Ämter um Geld und führten allerlei 
drückende Steuern ein. Tübinger Bürger, die den Herzog um Abhilfe 
baten, fuhr er an: „Was Vaterland? Ich bin das Vaterland!" Auch 
sonst hatten die Einwohner des Landes, insbesondere die Bauern, viel zu 
leiden. Die Leute wurden zu harten Frondiensten gezwungen und 
mußten, so oft es der Herzog befahl, an den Treibjagden teilnehmen. Das 
Wild selbst, das von dem Herzog aufs schonendste gehegt wurde, ver¬ 
ursachte großen Schaden; es zerstörte oftmals in einer einzigen Nacht die 
Ernte des ganzen Jahres. 
Ein besonders schweres Unrecht beging der Herzog an dem Land¬ 
schaftskonsulenten (Rechtsanwalt) Johann Jakob Moser. Dieser war 
eiw edelgesinnter Mann und ein treuer Beamter, zu dem der Herzog einmal 
sagte: „Wollte Gott, es dächte jeder so patriotisch als Sie und ich, es ginge 
gewiß Herrn und Land wohl." Moser weigerte sich, wie es seine Pflicht 
war, den herzoglichen Räten die ihm anvertrauten Landesgelder auszuliefern. 
Er fürchtete den Zorn des Herzogs nicht, denn er ließ sich von dem Worte 
leiten: „Unverzagt und ohne Grauen soll ein Christ, wo er ist, stets sich lassen 
schauen!" Der wackere Mann wurde als Gefangener auf den Hohentwiel 
gebracht. Man ließ ihn dort hungern und frieren. Das schlimmste war, daß 
man dem tätigen Mann weder Papier noch Feder noch Tinte gab; nur die 
Bibel, ein Predigt- und ein Gesangbuch hatte er in seiner Zelle. Mit der 
Schere kratzte Moser eine Anzahl Lieder an die Wände seiner Zelle und in 
die leeren Blätter seiner Bücher (Gesangbuch 207: Großer Hirte deiner 
Herden). Erst nach fünfjähriger harter Gefangenschaft setzte ihn der Herzog 
wieder in Freiheit. Moser lebte noch eine schöne Reihe von Jahren in 
Stuttgart, angesehen und geachtet von Fürst und Volk. 
Ein anderes Opfer der Willkürherrschaft des Herzogs war der Dichter 
Schubart. Durch feine Spöttereien über den Herzog hatte er sich dessen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.