465
ging nach Neuenburg, jener nach Straßburg, wo man sie hoch ehrte u. gern
aufnahm. In Straßburg hatte Luther's Lehre seit 10 Jahren durch Bucer
Eingang gesimden. (Calvin vermählte sich hier 1539 mit einer Wittwe Ide¬
leite de Burie.) Nach dem Falle seiner Gegner riefen ihn die Genfer in
ihre Mitte zurück. Im Triumphe zog Calvin wieder in Gens ein (13. Scpt.
1541) u. genoß seitdem das höchste Ansehen. Alles war seinein Willen Unter¬
than. Jedes Vergehen ließ er sehr streng bestrafen. Ein kenntnißreichcr spa¬
nischer Arzt, Michael Servetus, (geb. 1509) wurde sogar auf seiner
Durchreise durch Calvin's Einfluß verhaftet u. am 27. Oct. 1553 lebendig
verbrannt, weil er das Geheimniß der Dreieinigkeit in einein Buche angegriffen
hatte. Diese Kirchenzucht wurde durch die von ihm eingesetzten Versammlungen
der Ältesten ohne Ansehen der Person geha'idhabt u. hat in Genf, wie in den
reformirten Kirchen anderer Länder, Jahrhunderte lang bestanden. — Auch
hat Calvin das Verdienst, eine Hochschule zu Genf gegründet zu haben (1559).
-- Von den vielen Anstrengilngen erschöpft, sah er seinem Lebensende mit Nuhe
u. Ergcbuitg in Gottes Rathschluß entgegen. Er nahm von seinen Freunden
u. Gehilfen mit besonnenem Gleichmache Abschied u. entschlief darauf sanft den
27. Mai 1564, im 55. Jahre seines Lebens. (Kein Stein bezeichnet sein Grab.)
Wenn ihm auch das deutsche Gemüth fehlte, welches Luther so innig an die
Schrift glauben u. schroffe Einseitigkeiten vermeiden lehrte: so verdient er doch
unsere größte Hochachtung durch die Lauterkeit seines Glaubens u. durch die
Tiefe seines Wissens. Sein Andenken bleibt in Segen! — Eins gereicht den
ehrwürdigen Männern, welche in Deutschland u. in der Schweiz die Erneuerung
der Kirche herbeigeführt u. geleitet haben, zum unvergänglichen Ruhme: die
unbestechliche UneigeNntttzigkeit, mit welcher sie ihr großes Werk trieben. -
E. Tromnrer.
17. Verbreitung der Reformation in andern Ländern.
Von Sachsen ging die Reformation der Kirche, wie Luther dieselbe begon
nen hatte, auf viele andere deutschen Staaten über. Und weder der schmal-
kaldische, noch später der 30jährige Krieg haben sie zu unterdrücken vermocht.
Sie verbreitete sich über das eigentliche Preußen u. über die nordischen
Reiche. In D ä n e in a r k erhielten die Lutheraner im I. 1526 mit den Katho¬
liken gleiche Rechte, u. 1539 wurde die Reformation unter dem Könige Chri¬
stian III. förmlich eingeführt. Von hier drang sie auch nach Norwegen u.
dem fernen Island. Dabei war besonders Luther's Freund, Dr. Johann
Bugenhagen, thätig. (Er war am 2t. Juni 1485 zu Wollin, n. v. Stettin
geboren. Seit 1521 lebte er in Wittenberg als Professor, Prediger u. General-
Superintendent. Boíl 1528 an richtete er den evangelischen Gottesdienst ein
in Braunschweig, Hamburg, Lübeck, Pommern u. Dänemark u. übersetzte für
die Niedersachsen Luther's deutsche Bibel in's Plattdeutsche. Erst 1542 kam er
nach Wittenberg zurück, wo er am 20. April 1558 starb.) —
Noch früher, als hier, fand die Reformation in Schweden Eingang.
Der Mann, dessen sich die Fürsehung zur Allsführung ihres Willens bebiente,
war Gustav Wasa. Von dem tyrannischen Könige Christian II. von Däne¬
mark, welcher zugleich den schwedischen Thron behauptete, war er in's Gefäng¬
niß geworfen worden. Aus demselben eiltkam er u. gelangte, nachdem er von
reisenden Ochsenhändlern als Knecht angenoinmen worden war, nach Lübeck.
Hier fand er Schutz; bald kehrte er aber nach Schlveden zuriick. Neue Gefahren
warteten seiner im Vaterlande. Vergeblich forderte Gustav seine Landsleute
zur Abwehr der ihnen zugefügten Ungerechtigkeiteil auf. Die Furcht vor der
Macht des Däncnkönigs war so groß, daß Ulan sich kaum getraute, den Be¬
freier des Landes bei sich zu beherbergen, ja eiilinal denselben sogar auszu¬
liefern gedachte. Nur Gllstav zagte nicht. Von tausend Gefahren umringt,
floh er nach Dalekarlien, einer schwedischen Provinz, deren Einwohner zwar
UI. 30