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D:e Sonne brennt, wie ein Schmelzofen; das Meer ist so dick schlam¬
mig, wie Mehlbrei; und Schilf wächst darin, so hoch, wie die Mast-
Läume. Und nun noch die gräulichen Drachen dazwischen mit vielen
Köpfen und spitzigen Zähnen, welche schreckliche Flammen aus dem
Nachen blasen, — und wer sie ansieht, wird augenblicklich zu Stein!"
— Die Leute glaubten auch den Lügnern und blieben ruhig zu Hause.
Unter den vielen Ersindungen, welche die Phönizier gemacht haben,
merken wir uns vor Allem das Glas. Lyrische Schiffer landeten einst
an einem sandigen User des Velusbaches, und wollten sich eine
Suppe kochen. Da keine Steine in der Umgegend waren, trug man
vom Schiffe etliche Salpeterstücke herbei, setzte den Kessel darauf
und machte ein tüchtiges Feuer darunter. Nach dem Essen rührte
Einer zum Zeitvertreib in der noch warmen Asche umher. — Was
sieht er? Ein durchsichtiges, glänzendes Stückchen Stein, so glatt und
schön, wie er es nimmer gesehen. Was ist das? fragt er die Andern.
Sie wußten's auch nicht, merkten aber bald, daß das neue, schöne
Gestein wohl aus der Asche, dem Salpetersalze und Sande zu¬
sammengeschmolzen sein müsse. Sie versuchten's noch öfter und — das
Glas war erfunden. Anfangs wurde dasselbe so kostbar gehalten, wie
Gold und Bernstein. Zu Fenstern gebrauchte man es lange noch nicht. In
den Häusern begnügte man sich entweder mit offenen Fenstern, oder
man behängte sie mit Tüchern oder dünngeschabtem Leder, in späterer
Zeit auch mit Papier. Selbst die Kirchen haben in Deutschland erst
im 10. Jahrhundert Glasfenster erhalten, und noch ums Jahr 1458
nennt der Kardinal Äneas Sylvius es als eine der größten Zier¬
den der Stadt Wien, daß alle Häuser Glasfenster hätten. — Auch
das Rechnen, das Geld, die Buchstabenschrift sollen die Phönizier
erfunden haben. Gewiß aber ist die Purpurfarbe ihre Erfindung.
Ein Schäferhund hatte sie darauf geführt. Derselbe ging, wenn
er Zeit hatte, fleißig ans Meer und fraß sich dort satt an den stach¬
ligen Purpurschnecken. Davon bekam er ein rothes Maul. Sein
Herr wischte ihn mit Wolle ab, und bemerkte, daß diese schön roth
gefärbt wurde, ging dem Hunde nach, und — die kostbare Purpur¬
farbe war entdeckt.
Wahrscheinlich haben sie auch den Kalender erfunden. Auf die
Eintheilung der Zeit in Monate führte sie die Beobachtung des Mon¬
des, dessen Veränderungen je in 29 Tagen vor sich gehen, daher
auch ihre Monate 28 oder 29 Tage hatten. Auf die Abtheilung des
Monats in Wochen führte die Wahrnehmung, daß jedesmal in 7 Tagen
eine Veränderung in der Lichtgestalt des Mondes vorgeht. Wenn
sie den schönen, wunderbaren Sternenhimmel betrachteten, so merkten
sie sich einzelne Sterne und Sterngruppen, und gaben ihnen Namen,
die sich zum Theil noch jetzt erhalten haben. Aus solchen Beobachtun¬
gen ging in der Folge eine sehr wichtige Wiffenschast, die Astronomie
oder Sternkunde hervor. Wie mancher phönizische Seefahrer, der
um Mitternacht an den Ufern des mittelländischen Meeres umherkreuzte,