Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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mit aller Tapferkeit Widerstand geleistet, und Pyrrhus ries voll Bewunderung 
aus: „Mit solchen Soldaten wollte ich die ga-nze Welt erobern!" — Mit einen: 
solchen Feinde wünschte er doch Frieden zu haben und knüpfte Unterhandlungen 
an. Bei diesen Verhandlungen kam ein Römer als Abgesandter in des Pyrrhus 
Lager, Fabricius mit Namen, der durch seine Rechtschaffenheit sich die allgemeine 
Achtung erworben hatte. Da der König wußte, in welchem Ansehen er in Rom 
stand, so suchte er ihn zu gewinnen, um durch ihn den Frieden zu bewirken. Er 
ließ ihn daher allein zu sich kommen und sprach zu ihm: „Ich weiß, lieber Fa¬ 
bricius, daß du ein kriegserfahrener und tugendhafter Mann, aber dennoch arm 
bist; das thut mir leid. Erlaube mir daher, daß ich dir von meinen Schätzen so 
viel gebe, daß du reicher seiest, als die anderen Senatoren. Denn das ist der 
beste Gebrauch, den Fürsten von ihren Reichthümern machen können, daß sie gro¬ 
ßen Männern damit aushelfen. Ich verlange von dir dafür nichts Entehrendes, 
sondern nur, daß du deinem Volke zum Frieden räthst. Ich brauche einen tugend¬ 
haften und treuen Freund, und du einen guten König, welcher dich durch seine 
Freigebigkeit in den Stand setzt, mehr Gutes als bisher zu stiften." — War das 
nicht fein gesagt und lieblich zu hören? Und hatte nicht der König seine Absicht, 
den Fabricius zu bestechen, sehr prächtig verhüllt? Und was sagte Fabricius 
dazu? Er antwortete: „Ich danke dir, lieber König, für die gute Meinung, die 
du von mir hast; aber ich wünsche auch, daß du sie behaltest, darum nimm dein 
Geld zurück. Du hast ganz recht, daß ich arm bin, aber dennoch bin ich glück¬ 
lich; denn ich werde von meinen Mitbürgern geachtet." Am folgenden Tage ließ 
Pyrrhus seinen größten Elephanten hinter eine Tapete stellen und sorgte, daß 
Fabricius gerade davor seinen Platz erhielt. Nach geendeter Unterredung flog der 
Vorhang in die Höhe, und brüllend streckte der Elephant seinen langen Nüsse! 
über den Fabricius hin. Aber Fabricius.wandte sich unerschrocken um, sah dao 
Thier von oben bis unten an und sprach dann ruhig: „So wenig,als mich gestern 
dein Geld rührte, schreckt mich heute dein Elephant." 
Fabricius war wieder zurückgekehrt. Da erhielt er von dem Leibärzte des 
Pyrrhus einen Brief, in welchem dieser sich erbot, seinen Herrn zu vergiften, 
wenn ihm der Römer dafür eine gute Belohnung geben wolle. Fabricius schau¬ 
derte vor einer solchen Schandthat zurück. Er sandte den Brief dem Pyrrhus 
selbst. Wer malt des Pyrrhus Erstaunen? „WahrlichI" rief er aus, „eher 
wird die Sonne von ihrer Bahn, als Fabricius von dem Pfade 
der Tugend und Rechtschaffenheit weichen!" Er strafte den Arzt, wie 
er es verdiente, und sandte den Römern zur Dankbarkeit alle Gefangenen ohne 
Lösegeld zurück. 
8. Hannibals Übergang über die Alpen. 
(218 v. Chr.) 
Die berühmte Stadt Karthago lag auf der Nordküste Afrika's, 
der Insel Sicilien gegenüber. Mit den Karthagern haben die 
Römer blutige Kriege geführt. Der berühmteste Feldherr der Kartha¬ 
ger war Hannibal. — Nachdem der Krieg zwischen Rom und Kar¬ 
thago beschlossen war, erwarteten die Römer einen Angriff zur See; 
aber ehe man sich's versah, stand Hannibal mit Elephanten, afrikani¬ 
schen Reitern und Fußvolk in Italien. Von Spanien aus war er 
über den Ebro, die Pyrenäen und die Rhone gegangen und stand 
im November am Fuße der Alpen. Bisher hatte das Heer alle 
Mühseligkeiten willig ertragen; jetzt aber, beim Anblick der himmelho¬ 
hen Alpen, verloren Alle den Muth. Denn ringsum starrte Alles von 
Eis und Schnee; zackige Felsenspitzen ragten bis in die Wolken; keine 
Stadt, kein Dorf, kein gebahnter Weg über das entsetzliche Gebirge!No full text available for this image
	        
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