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sehen hinab in das von waldigen Bergen umschlossene Tal mit den Hänser-
grnppen des Dorfes Schwarzburg. Ein schmaler, steiler Bergvorsprung, der wie
eine Insel 80 in hoch aus dem Wieseugrunde emporsteigt und an drei Seiten
von der Schwarza umflossen wird, trägt auf seinem Rücken das Schloß, das sich
mit seinen hellen Wänden wirkungsvoll von dem dunkeln Waldesgrün abhebt.
Das Schloß ist die Stammburg der Fürsten von Schwarzbnrg-Rudolstadt.
Die Wartburg. Unter den Burgen des Thüringer Waldes ist die berühmteste die
Wartburg. Sie thront auf waldiger Bergeshöhe am Nordwestende des Gebirges, un--
mittelbar über der Stadt Eisenach. Ihr Erbaner soll Graf Ludwig der Springer
sein. Wie die Sage erzählt, kam er während einer Jagd zufällig auf den Berg und war
entzückt von der herrlichen Aussicht. „Wart' Berg, du sollst mir eine Bnrg werden!" rief
er aus und schritt gleich zur Ausführung seines Planes. Nach 2 Jahren (1069) war die
Burg fertig. Lange Zeit (bis 1440) blieb sie die Residenz der Thüringer Landgrafen.
Von diesen ist besonders Landgraf Hermann (1190—1216) bekannt geworden. Er war
ein kunstsinniger Fürst, der Sänger und Dichter, darunter Walter von der Vogelweide
und Wolfram von Eschenbach, um sich versammelte und einen Sängerwettstreit, den be-
rühmten „Sängerkrieg auf der Wartburg", veranstaltet haben soll, aus dem Walter von
der Vogelweide als Sieger hervorging. Hermanns Sohn Ludwig war vermählt mit der
heiligen Elisabeth, die eine wahre Mutter ihrer Untertanen war und sich in frommen
Liebeswerken gar nicht genug tun konnte. Am bekanntesten aber ist die Wartburg durch
den Reformator Martin Luther geworden, der hier nach dem Reichstage zu Worms
ein Jahr lang in stiller Verborgenheit lebte und das große Werk der Bibelübersetzung
begann. Im vorigen Jahrhundert ist die arg in Verfall geratene Burg wieder auf-
gebaut worden. Das „Lntherstübchen" aber hat man unverändert gelassen. Es enthält
jetzt eine Reihe von Andenken an den großen Reformator: einen alten Tisch aus dem
Elternhause, an dem Luther als Knabe gearbeitet, sein Bildnis von Lukas Erauach, die
Bildnisse seiner Eltern, einen Brief Luthers uuter Glas uud Rahmen, seine Bettstelle,
die ersten Bibelausgabeu und noch manches andre. Von den andern Räumen der Burg
verdienen noch erwähnt zu werden der Sängersaal, dessen Wände mit schönen Bildern,
die den „Sängerkrieg" darstellen, geschmückt sind, und die Rüstkam nie r, die eine prächtige
Sammlung von Waffen und Rüstungen enthält.
Der Thüringer Wald als Scheidcgebirgc. Von alters her ist der Thüringer
Wald ein Scheidegebirge zwischen deutschen Stämmen und zwar zwischen
Franken und Thüringern. Seine beiden Seiten bilden einen Gegensatz in Sprache,
Sitte und Eigentümlichkeit, in Hans und Leben. Im Volke heißt von alter
Zeit her die Südseite des Gebirges die fränkische und die Nordseite die
thüringische, und danach werden selbst Flüsse, Berge und Steige benannt. Am
Nordfuße fagt man: „Draußen in Franken", und am Südfuße: „Drinnen in
Thüringen". Über den ganzen Kamm des Gebirges, von der Werra bis zur
Saale, läuft feit alter Zeit ein gebahnter Weg, der sogen. Rennsteig, der mit
Ausnahme einer kurzen Strecke am Juselsberg überall fahrbar ist. Er ist
niemals in seiner ganzen Erstrecknng eine Verkehrsstraße gewesen, bildete viel-
mehr die Grenze zwischen Franken und Thüringen, war also ein Grenz weg,
wie schon sein Name besagt, denn Renn oder Rain bedeutet Grenze. Auch