Full text: Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands

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16. Das hirtenbüblein 
yAiS. Das Hirtenbüblein. 
Es war einmal ein Hirtenbüblein, das war wegen seiner weisen Antworten, 
die es auf alle Fragen gab, weit und breit berühmt. Der König des Landes 
hörte auch davon, glaubte es nicht und ließ das Büblein kommen. Da sprach 
er zu ihm: „Kannst bn mir auf drei Fragen, die ich dir vorlegen will, Ant¬ 
wort geben, so will ich dich ansehen wie mein eigen Kind, und du sollst bei mir 
in meinem königlichen Schloß wohnen." Sprach das Büblein: „Wie lauten 
die drei Fragen?" Der König sagte: „Die erste lautet: Wie viel Tropfen 
Wasser sind im Weltmeer?" Das Hirtenbüblein antwortete: „Herr König, 
laßt alle Flüsse auf der Erde verstopfen, damit kein Tröpflein mehr daraus 
ins Meer laufe, das ich nicht erst gezählt habe, so will ich Euch sagen, wie 
viel Tropfen im Meere sind." Sprach der König: „Die andere Frage lautet: 
Wie viel Sterne stehen am Himmel?" Das Hirtenbübchen sagte: „Gebt mir 
einen großen Bogen weiß Papier!" Und dann machte es mit der Feder so 
viele feine Punkte darauf, daß sie kaum zu sehen und fast gar nicht zu zählen 
waren, und einem die Augen vergingen, wenn man darauf blickte. Darauf 
sprach es: „So viel Sterne stehen am Himmel, als hier Punkte auf dem 
Papier; zählt sie nur!" Aber niemand war dazu imstande. Sprach der König: 
„Die dritte Frage lautet: Wie viel Sekunden hat die Ewigkeit?" Da sagte 
das Hirtenbüblein: „In Hinterpommern liegt ein Demantberg, der hat eine 
Stunde in die Höhe, eine Stunde in die Breite und eine Stunde in die 
Tiefe; dahin kommt alle hundert Jahr ein Vöglein und ivetzt sein Schnäblein 
daran; und wenn der ganze Berg abgewetzt ist, dann ist die erste Sekunde 
von der Ewigkeit vorbei." Sprach der König: „Du hast die drei Fragen auf¬ 
gelöst wie ein Weiser und sollst fortan bei mir in meinem königlichen Schlosse 
wohnen, und ich will dich ansehen wie mein eigenes Kind." Br. Grimm. 
Ein Bienchen fiel in einen Bach. 
Dies sah von oben eine Taube 
und brach ein Blättchen von der Laube 
und warf's ihm zu. 
Das Bienchen schwamm danach 
und half sich glücklich aus dem Bach. 
Nach kurzer Zeit saß unsre Taube 
in Frieden wieder auf der Laube. 
und die Taube. 
bel.) 
Ein Jäger hatte schon 
den Hahn auf sie gespannt. 
Mein Bienchen kam — 
pick! stach's ihn in die Hand: 
puff! ging der Schuß daneben. 
Die Taube flog davon. 
Wem dankte sie ihr Leben? 
Michaelis. 
18. 
Die Wohlthat. 
„Aast du wohl einen größeren Wohlthäter unter den Tieren als mich?" 
fragte die Biene den Menschen. — „Allerdings", erwiderte dieser. — „Und 
wen?" — „Das Schaf; denn seine Wolle ist mir notwendig, dein Honig 
hingegen ist nur angenehm." Lessing.
	        
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