Object: Deutsches Lesebuch für die Bedürfnisse katholischer Volksschulen

57. Von der Entstehung und dem Bau der Erde. 
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So läßt sich auch sagen: Finden sich am Fuße eines Berges andere 
besondere Arten als auf seinem Gipfel, so sind die Gesteine unten zu 
einer anderen Zeit entstanden als die oben. Gewissermaßen sind also, 
was für die Geschichte eines Volkes die geschriebenen oder gedruckten 
Urkunden sind, für die Geschichte der Flötzgesteine die Tierreste oder 
Versteinerungen Petrefakten). 
Wenn man das, was die Wissenschaft der Geologie nach der 
obigen Darlegung uns lehrt, mit der Schöpfungsgeschichte vergleicht, 
wie sie im ersten Buch Moses niedergelegt ist, so scheint es auf den 
ersten Blick, als ob hier unlösliche Widersprüche bestünden. Diese 
Widersprüche lassen sich aber vielfach schon jetzt lösen, und eine spätere 
Zeit wird vielleicht noch mehr Übereinstimmung der wissenschaftlichen 
Forschung mit dem untrüglichen Worte Gottes bringen. 
Es heißt in der heiligen Schrift, daß Gott Himmel und Erde und 
alles, was auf und in der Erde, im Wasser und in der Luft ist und lebt, 
in sechs Tagen aus nichts geschaffen hat. Gegen diese Wahrheit spricht 
kein einziger Satz der Geologie. Sie redet allerdings nicht von Tagen, 
sondern von großen Schöpfungsperioden, welche auf einander folgten. 
Aber das Wort ‚Tag“ in der Schöpfungsgeschichte bedeutet auch nicht 
das, was wir darunter verstehen, nämlich den Zeitraum, welcher 
zwischen Auf- und Untergang der Sonne verläuft, sondern einen Zeit— 
raum von uns unbekannter Ausdehnung. So haben es seit uralten 
Zeiten selbst die hebräischen Schriftgelehrten 
erklärt. Es gab auch in der That bei den 
„Tagen“ der Schöpfung keinen solchen Maß— 
stab für die Tageslängen; denn erst am vierten 
Schöpfungstage wurde die Sonne geschaffen, 
nach welcher wir unsere Tage messen, und 
erst von diesem Schöpfungsakte an hatte die 
Erde das, was wir unter Tag und Nacht, 
Morgen und Abend verstehen. 
Auch in bezug auf die Aufeinanderfolge der einzelnen Schöpfungen 
trifft die Lehre der Geologie mit der Lehre der heiligen Schrift zu— 
sammen. Denn um nur die lebendigen Geschöpfe zu erwähnen, so 
geht aus beiden hervor, daß zuerst die Pflanzen entstanden sind, als— 
dann die Wassertiere, hierauf die Landtiere und zuletzt von allen 
der Mensch. 
Mofes, der seine Schöpfungsgeschichte nach unmittelbaren göttlichen 
Eingebungen niederschrieb, erzählt offenbar nur die Entstehungsweise 
der jetzigen Gestalt der Erde, und die vorausgegangenen, durch viel⸗ 
fach wiederholte Reihen von gewaltigen Ereignissen wieder zerstörten 
Bildungen finden sich bei ihm nur in den Anfangsworten „Am An— 
fang schuf Gott Himmel und Erde' angedeutet. Der Zustand der 
Erde nach der letzten Umwälzung ist durch die Worte ‚Die Erde 
war wüst und leer u. s. f.“ bezeichnet, und nun wird von ihm die— 
jenige Neubildung erzählt, die heute noch besteht. Man kann dem— 
Sãulenförmiger Basalt.
	        
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