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Zuckerstückchen auf seine Lieblingsplätzchen und freuten sich über fein
munteres Gezwitscher. — Der Frühling kam endlich wieder; die Bäume
bekamen Blätter; andere Vögel sangen draußen, und auch das Roth-
kehlchen hüpfte unruhig hin und her. Der Landmann öffnete jetzt fein
Fenster und schenkte dem kleinen Gaste die Freiheit. Fröhlich flog er
fort und sang auf dem nahen Baume ein munteres Liedchen.
Monate vergingen, der Winter kehrte wieder. Siehe, da kam das
Rothkehlchen abermals in die Wohnung des gastfreundlichen Land¬
manns. Aber es kam nicht allein; es hatte sein Weibchen mitgebracht.
Die Familie des Landmanns freute sich sehr über die Ankunft der
beiden Thierchen. Diese blickten jeden freundlich an. — Da lachten die
Kinder und sprachen: Die Vögelchen wollen uns vielleicht etwas sagen! —
Der Vater aber antwortete: Wenn sie reden könnten, so würden sie
sagen: „Freundliches Zutrauen erwecket Zutrauen, und
Liebe erzeuget Gegenliebe." —
III. Amphibien.
23. Die Kröte.
Schildkröten — diese wunderlichen Geschöpfe, welche die Knochen
nicht im Innern, unter dem Fleische haben, sondern sie wie einen
Rock auf dem Leibe tragen — werden selten bei uns angetroffen.
Nur die Flußschildkröte findet sich hier und da im nordöstlichen
Deutschland in sumpfigen, morastigen Gegenden. Aber die gemeinen
Kröten kennt jedes Kind. Sie sind häßlich genug, um sie zu ver¬
abscheuen, jedoch weder gefährlich noch schädlich. Es ist daher lächer¬
lich, bei ihrem Anblicke laut aufzuschreien und zu fliehen, barbarisch
aber und unklug zugleich, sie muthwilliger Weise umzubringen. Denn
die Kröte lebt von nichts anderem als von Insekten, Würmern und
Schnecken, und scheut nicht den Stachel der Wespen, deren größeste
Feindin sie ist. Verständige Gärtner butben sie deshalb gern in. den
Beeten, so lange sie sich nicht allzustark vermehren und das Erdreich
nicht übermäßig auflockern. In den Kellern mag sie wohl auch Unge¬
ziefer vertilgen, allein es ist doch ekelhaft, sie in der Nähe unserer
Speisevorräthe zu wissen. Deshalb ist es den Besitzern der Keller
gerade nicht zu verargen, wenn sie die grünlich braunen Ungethüme
darin auszurotten suchen. Am leichtesten könnte dies gelingen, wenn
man ihrer Eier, die gleich dem Froschlaich auf dem Wasser schwimmen,
habhaft werden könnte. Man braucht solchen Laich nur mit einem
Rechen auf das Trockene zu ziehen, so verdorrt er.
Was die Giftigkeit der Kröten betrifft, so ist es nicht ohne Grund,
daß sie aus den in ihrer Haut sitzenden Warzen einen ätzenden Saft
ausschwitzen. Auch das ist wahr, daß sie im Zorn — und dieser ist
leicht erregt — ihren scharfen Urin von sich spritzen, wie es die Frösche
nicht minder thun. Aber beide Feuchtigkeiten sind so wenig giftig, daß
fie auf der Haut nur rothe Flecken und ein Jucken hervorbringen, was