Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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Die gewöhnlichsten Veranlassungen zum Vergnügen geben in Deutsch¬ 
land die Jahrmärkte, Kirmessen oder Kirchweihen, Taufen und 
Hochzeiten, die Scheiben- und Vogelschießen, die Weinlesen, 
die Erntefeste rc., wobei Musik, Tanz, Kegel-, Würfel- und 
Kartenspiele "gewöhnlich nicht fehlen. 
Was endlich das Volk der Deutschen in Hinsicht seiner Geistes¬ 
bildung anbelangt, so können wir kühn behaupten, das kein Volk die 
Deutschen an geistiger Bildung übertrifft; denn nirgends ist in neuester 
Zeit mehr für Volksunterricht und Volksbildung geschehen, als in 
Deutschland. Von Charakter gilt der Deuffche für ehrlich, bieder, 
fleißig, ausdauernd und besonnen. Von deutscher Treue und 
Tapferkeit wird aus alten Zeiten manches herrliche Beispiel erzählt. 
Ziemlich allgemein wirft man aber den Deutschen allzugroße Bedächtig¬ 
keit vor, wodurch sie oft den rechten Zeitpunkt zum Handeln vorübergehen 
lassen. In ihrer Berührung mit andern Völkern trauen sie diesen mehr 
Gutes als Schlechtes zu, weshalb sie von denselben oft überlistet 
worden. — Mit Ausnahme von ungefähr einer halben Million Juden 
bekennen sich die Bewohner Deutschlands zur christlichen Religion. 
Die Christen aber theilen sich in Katholiken und Evangelische. 
Erstere, etwa 25 Millionen, bewohnen vorherrschend Süd- und West¬ 
deutschland, wohingegen letztere, über 19 Millionen, die Mehrzahl 
in Norddeutschland bilden. — Der Deutsche hat ein tiefes Gemüth. 
Er führt ein innerliches, geistiges Leben und erhebt gern den 
Blick von der Erde zum Himmel. Der religiöse Geist der Deut¬ 
schen, ihr hoher Glaube spricht aus den herrlichen Domen und 
Münstern in Köln, Straßburg, Ulm, Freiburg, Regensburg, 
Augsburg, Wien, Magdeburg und Breslau zu allen folgenden 
Jahrhunderten. 
Freuen wir uns daher, daß wir Deutsche sind! Bestreben wir 
uns aber auch, stets echte, wahre Deutsche zu sein! 
3. Unsere Muttersprache. 
Unsere Sprache ist die deutsche» aber zwischen Deutsch und 
Deutsch ist hier ein solcher Unterschied, daß z. B. der Schwabe den 
Westphälinger unmöglich versteht. Das Deutsche wird nämlich im 
Süden ziemlich hart und am härtesten in dem Alpenlande, im Nord¬ 
westen aber weich gesprochen, und für die Schriftsprache hat sich 
eine mittlere Mundart, das Hochdeutsche herausgebildet, welches 
am wohllautendsten in Holstein, Mecklenburg, Hannover, Braunschweig 
und Sachsen gesprochen wird. In Limburg spricht man auch flämisch 
und holländisch, welches ursprünglich deutsche Mundarten waren; 
in Südtyrol und um Triest spricht man mehr und mehr italienisch; 
daß man aber in Elsaß und Lothringen durch Unterdrückung 
des Deutschen das Französische verbreitet hat, ist mindestens be¬ 
trübend für den Vaterlandsfreund, der mit dem Dichter spricht:
	        
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