Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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England mehrere Glaubensboten (Missionare) nach Deutschland, 
um die Lehre des Heiles den verschiedenen Volksstämmen unseres großen 
Vaterlandes zu verkündigen. Um das Jahr 600 n. Chr. kam Colum- 
ban zu denBavernund Franken, Kilian um 650 zu den Ost¬ 
franken, Willibrord um 700 zu den Friesen. Unter allen diesen 
Missionaren aber zeichnete sich durch seinen unermüdlichen Eifer am 
meisten aus Winfried oder Bonifacius, welcher deswegen auch der 
Apostel der Deutschen genannt wird. Es war im Jahre 716, als 
Bomfacius zum ersten Male nach Deutschland kam. In Thüringen, 
wo er das Christenthum verkündete, und zwar im jetzigen Hessen, nicht 
weit von Kassel, in der fruchtbaren Ebene zwischen der Eder und 
Fulda, stand vor uralten Zeiten eine mächtige Eiche, welche von dem 
heidnischen Volke als ein Heiligthum des Donnergottes verehrt wurde. 
Als Bonifacius, der Apostel der Deutschen, nach Hessen kam, und die 
Abgötterei wahrnahm, welche an diesem Baume getrieben wurde, er¬ 
grimmte er in fernem Herzen und hatte den Muth, trotz der Verwün¬ 
schungen der Priester und trotz des Entsetzens des abergläubischen Volkes, 
die Axt an die heilige Eiche zu legen. Als sie endlich zusammenstürzte, 
ohne daß ein Blitzstrahl den verwegenen Fremdling erschlug, erkannte 
das hessische Volk die Nichtigkeit seiner bisherigen Abgötterei, hörte 
der Predigt des christlichen Apostels zu und ließ sich von ihm taufen. 
Bonifacius aber erbaute aus dem Holze der gefällten Eiche ein Kirch¬ 
lein. Dann durchzog er das Land, bekehrte Tausende zum Christen¬ 
thum, gründete eine Menge Klöster und wurde im Jahre 751 seiner 
vielen Verdienste wegen vom Papste zum Erzbischof von Mainz 
ernannt. Aber auch in seinem hohen Alter konnte Bonifacius nicht 
ruhen. Als Greis zog er nochmals aus, die Friesen an der Nordsee 
zu bekehren. Mit einer Anzahl von Begleitern (man sagt 70) begab 
er sich zu ihnen. Die Beschwerden der Reise achtete er nicht; die Wild¬ 
heit der Friesen fürchtete er nicht. Er zog umher im Lande, predigte 
und taufte, und zerstörte die Götzenbilder und gründete Kirchen. Als 
er nun einst mit seinen Gefährten auf freiem Felde unter Zelten lagerte 
und die Neugetauften zur Firmung erwartete, überfiel ihn ein Haufe 
heidnischer Friesen; diese erschlugen ihn sammt seinen Begleitern am 
5. Juni 755. Sein Leichnam wurde von den Christen gefunden, mit 
hohen Ehren zu Grabe gebracht und in der Folge in der Kirche zu 
Fulda beigesetzt, wo er noch ruht. 
7. Karl Martell und Prpin. 
Die spätern Könige der Franken (Chlodwig's Nachkommen) 
wurden immer schwächer, ergaben fich der Trägheit und ließen ihre 
ersten Minister für fich regieren, welche dadurch immer mächtiger 
wurden. Solch ein Minister war Karl, mit dem Beinamen Martell, 
d. h. der Hammer, denn er hatte in einer Schlacht wie ein eiserner 
Hammer auf die Köpfe der Feinde geschlagen. Karl Martells Sohn 
war Pipin, von seiner kleinen Gestalt der Kurze genannt. Auch 
Haestcrs' Lesebuch für Oberkl. Simultan-Ausg. 13
	        
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