Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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Stelle rücken könnte. Seine Kleidung war nach deutscher Art einfach. 
Er trug Gewänder, von der fleißigen Hand seiner Gemahlin verfertigt, 
Strümpfe und leinene Beinkleider, mit farbigen Bändern kreuzweise 
umwunden, ein leinenes Wamms und darüber einen einfachen Rock mit 
seidenen Streifen, seltener einen viereckigen Mantel, von weißer oder 
grüner Farbe; aber stets hing ein großes Schwert mit goldenem Wehr- 
gehänge an seiner Seite. Nur an Reichstagen und hohen Festen er¬ 
schien er in voller Majestät, mit einer goldenen, von Diamanten strahlen¬ 
den Krone auf dem Haupte, angethan mit einem lang herabhängenden 
Talare, mit goldenen Bienen besetzt. 
Karl war auch ein großer Kriegsheld. Von allen Völkern, die 
er besiegte, machten ihm die heidnischen Sachsen, welche damals 
zwischen Hessen-Thüringen und der Ostsee wohnten, am meisten zu 
schaffen. Diese wollten durchaus nicht ihrem heidnischen Glauben ent¬ 
sagen und hatten jeden Glaubensboten, der ihnen die christliche Religion 
predigen wollte, von sich gestoßen. Da zog Karl der Große das Schwert 
gegen sie, um sie mit Gewalt zur Taufe zu treiben. Aber der Kampf 
dauerte 30 Jahre (von 772—803) bis sie und Wittekind, ihr tapferer 
Anführer, endlich das Christenthum annahmen und sich taufen ließen. 
Wittekind wurde unter Karl's Oberherrschaft Herzog der Sachsen; 
denn Karl hatte sein großes Reich, welches das Land der Franken 
(Frankreich), einen Theil von Spanien, das nördliche Italien, 
die Niederlande und Deutschland nördlich bis zur Nord- und 
Ostsee und östlich bis zur Elbe und zum Raabflusse in Ungarn um¬ 
faßte — in mehrere kleine Bezirke getheilt, und darin als Gehülfen 
in der Regierung Herzoge, Burg- oder Markgrafen angestellt, 
welche ihm Berichte einsenden mußten und Befehle von ihm erhielten. 
Hatte er so einen Befehl mit seinem Degenknopf unterstegelt, so pflegte 
er zu sagen: „Hier ist mein Befehl, und hier — indem er an das 
Schwert schüttelte — ist der, welcher ihm Gehorsam verschaffen soll." 
Im Jahre 800 wurde Karl der Große als Schirmherr der Kirche 
vom Papste gegen dessen Feinde um Hülfe angerufen; er leistete diese, 
indem er selbst nach Italien zog. Da geschah es, daß — als er am 
Weihnachtstage in der Peterskirche, angethan mit einem langen Purpur- 
mantel, mit allem Volke die Geburt des Heilandes feierte und andächtig 
in seinem Betstuhl kniete — der Papst Leo III. zu ihm trat, ihm 
eine mächtige Krone auf das Haupt setzte und ihn unter dem Jubelrufe 
des Volkes zum römischen Kaiser krönte. Von jener Zeit an führten 
seine Nachfolger in Deutschland diesen Titel. 
Eine feste Residenz hatte Karl nicht; er wohnte da, wo seine Gegen¬ 
wart mn nöthigsten war — am liebsten aber hielt er sich zu Aachen 
auf, wo er auch begraben ist. Er starb am 28. Januar 814 in einem 
Alter von 72 Jahren. Sein Leichnam wurde in einer Gruft im Dome 
zu Aachen, aufrecht auf vergoldetem Stuhle sitzend, im vollen kaiser¬ 
lichen Ornat, mit einem Evangelienbuch auf dem Schooße und einer 
goldenen Pilgertasche um die Hüfte, bestattet und in dieser Stellung
	        
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