Object: Deutsches Lesebuch für Sexta (Teil 1, [Schülerband])

Brüder Grimm: Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich. 17 
Wasser heraus könnte; nun ist er draußen und will zu mir herein." In¬ 
dem klopfte es zum zweiten Male und rief: 
„Königstochter, jüngste, 
Mach' mir auf! 
Weißt du nicht, was gestern 
Du zu mir gesagt 
Bei dem kühlen Brunnenwasser? 
Königstochter, jüngste, 
Mach' mir auf!" 
Da sagte der König: „Was du versprochen hast, das mußt du auch halten; 
geh nur und mach' ihm auf!" Sie ging und öffnete die Thüre; da 
hüpfte der Frosch herein, ihr immer auf dem Fuße nach bis zu ihrem 
Stuhl. Da saß er und rief: „Heb mich hinauf zu dir!" Sie that es 
nicht, bis es endlich der König befahl. Der Frosch sprang von dem Stuhl 
auf den Tisch und sprach: „Nun schieb mir dein goldenes Tellerlein näher, 
damit wir zusammen essen!" Das that sie nun, aber man sah wohl, daß 
sie's nicht gern that. Der Frosch ließ sich's gut schtnecken, aber ihr blieb 
fast jedes Bißlein im Halse. Endlich sprach er: „Nun hab' ich mich satt 
gegessen und bin müde; trag mich hinauf in dein Kämmerlein und mach' 
dein seidenes Bettlein zurecht, da wollen wir uns schlafen legen." Da fing 
die Königstochter an zu weinen; sie fürchtete sich vor dem kalten Frosche, 
den sie anzurühren sich nicht getraute, und der nun in ihrem schönen, 
reinen Bettlein schlafen sollte. Der König aber ward zornig und sprach: 
„Wer dir geholfen hat, als du in Not warst, den sollst du hernach nicht 
verachten, und was du versprochen hast, das mußt du auch halten." Da 
packte sie ihn mit zwei Fingern, trug ihn hinauf und setzte ihn in eine 
Ecke. Als sie aber im Bette lag, kam er gekrochen und sprach: „Ich bin 
müde, ich will schlafen so gut wie du, heb mich hinauf, oder ich sag's 
deinem Vater." Da ward sie bitterböse, holte ihn herauf und warf ihn 
aus allen Kräften wider die Wand: „Nun wirst du Ruhe haben, du 
garstiger Frosch!" 
AIs er aber herabfiel, da war er kein Frosch, sondern ein Königs¬ 
sohn mit schönen und freundlichen Augen. Der ward nun von Recht und 
mit ihres Vaters Willen ihr liebster Geselle und Gemahl. Da erzählte 
er ihr, er wäre von einer bösen Hexe verwünscht worden und hätte nur 
von ihr aus dem Brunnen erlöst werden können, und morgen wollten sie 
zusammen in sein Reich gehen. Dann schliefen sie ein, und am andern 
Morgen, als die Sonne sie aufweckte, kam ein Wagen herangefahren, mit 
acht weißen Pferden bespannt; die waren mit Federn geschmückt und 
gingen in goldenen Ketten, und hinken stand der Diener des jungen 
Königs, das war der treue Heinrich. Der treue Heinrich hatte sich so 
betrübt, daß er drei eiserne Bande hatte müffen um sein Herz legen lassen, 
damit es ihm nicht vor Weh und Traurigkeit zerspränge. Der Wagen 
Helwix, und Hirt, deutsches Lesebuch, VI. 2
	        
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