Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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wurde für 300,000 Thaler angekauft. Friedrich I. regierte als 
König von 1701—1713 und hinterließ den Thron seinem Sohne: 
33. Friedrich Wilhelm I., König von Preußen. 
(1713-1740.) 
Der König Friedrich Wilhelm I. war in mancher Hinsicht das 
Gegentheil seines Vaters. Die kostspielige Pracht des Hofes, die 
Friedrich!, eingeführt hatte, wurde von Friedrich Wilhelm I. abge¬ 
schafft und die strengste Sparsamkeit eingeführt. An seiner Tafel und 
in seiner Kleidung herrschte eine solche Einfachheit, daß seine Hofleute 
sich über die Kargheit des Königs lustig machten. Er aber verwendete 
die ersparten Summen zu bestem Zwecken und beschämte dadurch jede 
Verleumdung. Er ehrte den Kriegerstand und wohnte fast täglich 
den militärischen Übungen bei. Eine besondere Vorliebe hatte er 
für große Soldaten, die er oft für bedeutende Summen kaufte. Sein 
Leibregiment bestand aus Soldaten von riesenhafter Größe. 
Einer seiner ausgezeichnetsten Generale war der Fürst Leopold von 
Dessau, gewöhnlich der alte Dessauer genannt. Friedrich Wil¬ 
helm vergrößerte den Staat durch einen Theil des Herzogthums 
Geldern, Obergelderland (in der Rheinprovinz), und durch Stettin 
nebst Vorpommern und den Inseln Usedom und Wollin. 
Von seinem Sohne, dem Kronprinzen Friedrich, schien er für die 
Größe Preußens nicht viel zu erwarten; der Knabe haßte den Zwang, 
mit dem man ihn vom achten Jahre an zu militärischen Übungen 
anhielt. Schon in seinem zehnten Jahre mußte er, trotz Wind und 
Wetter, mit Tasche und Flinte Schildwacht stehen. Er aber 
liebte Bücher und Musik mehr, als das Soldatenleben. „Der 
Fritz", sagte der König einmal „ist ein Querpfeiferund ein Poet ge¬ 
worden; er macht sich nichts aus den Soldaten und wird meine ganze 
Arbeit verderben", und behandelte deshalb den Prinzen so strenge, daß 
dieser den Entschluß faßte, nach England zu seinem Oheim Georg 1!. 
zu entfliehen. Mit Hülse seiner Freunde Katt in Berlin und Keith 
in Wesel sollte die Flucht von Wesel aus vor sich gehen (1730). 
Aber sein Vorhaben ward aus seiner Reise nach den Rheinlanden ent¬ 
deckt; er wurde auf Befehl des erzürnten Vaters vor ein Kriegsge¬ 
richt gestellt und auf die Festung Küstrin in Arrest gebracht. Von 
jetzt an nannte ihn der König nur den entlaufenen Fritz. Der 
arme Katt wurde in Küstrin vor den Augen des Prinzen enthauptet. 
Nach und nach söhnte sich der Vater wieder mit dem Sohne aus, 
entließ ihn seiner Haft und schenkte ihm das Schloß Rheinsberg; er 
schien den großen Geist zu ahnen, der in dem Prinzen wohnte. Der 
König starb am 31. Mai 1740 und hinterließ seinem 28jährigen 
Sohne Friedrich II. (geb. den 2. Januar 1712 zu Berlin) den 
Thron, einen Schatz von neun Millionen Thalern und ein disciplinirtes, 
geübtes Heer von 80,000 Mann.
	        
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