Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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zugeben und seine Truppen sofort an die Maas und von da nach 
CHalo ns zu führen, um sich dort mit der wieder gesammelten Armee 
Mac Mahon's zu verbinden und dann mit vereinten Kräften in einer 
günstigen Stellung unsere Truppen zu einer Schlacht zu erwarten. 
Diesen Plan zu vereiteln, war die Aufgabe der deutschen Heerführer. 
Und General von Moltke, der Chef des preußischen Generalstabs, der 
schweigsame „Denker der Schlachten", vereitelte ihn vollständig. Nach 
seinem Schlachtplan galt es jetzt, den Rückzug der Franzosen von Metz 
zu verhindern, sie dort durch die erste Armee (Steinmetz) so lange 
festzuhalten, bis die zweite Armee (Prinz Friedrich Karl) so weit 
vorgerückt sei, um den Feind von der Seite oder im Rücken anzu¬ 
greifen. Diese Aufgabe wurde glänzend, aber entsetzlich blutig gelöst in 
der dreitägigen Schlacht am 14. August bei Coureelles *), östlich — 
am 16. bei Mars-la-Tour — und am 18. bei Gravelotte, west¬ 
lich von Metz. Was Steinmetz mit seiner Armee am 14. begonnen 
und Prinz Friedrich Karl mit der seinigen am 16. fortgesetzt hatte, 
das wurde am 18. August vom Könige, der an diesem Tage den Ober¬ 
befehl über die vereinigten Armeen übernommen hatte, vollendet: 
Bazaine mit seiner ganzen Heeresmacht nach Metz zurückgeschlagen 
und hier wie in einer Mausefalle eingeschlossen. — Abends 9 Uhr 
konnte der König an die Königin telegraphiren: 
„Die französische Armee in sehr fester Stellung westlich vor Meß heute 
unter meiner Führung angegriffen, in neunstündiger Schlacht vollständig ge¬ 
schlagen, von ihren Verbindungen mit Paris abgeschnitten und gegen Metz 
zurückgeworfen. Wilhelm." 
Es waren blutige Tage, dieser 14., 16. und 18. August. Die 
ganze Gegend bei Metz in einer Ausdehnung von 5 bis 6 Stunden 
ein großes Leichenfeld. Der Verlust der Franzosen betrug am 14. und 
16. August 20,000 Mann, am 18. August 12,000 Todte und Ver¬ 
wundete, 3000 Gefangene, 4 Adler, 18 Kanonen und 1 Mitrailleuse. 
Aber auch der Verlust der Deutschen an Verwundeten und Todten war 
sehr groß; er betrug an den drei Schlachttagen über 25,000 Mann. 
Der Tag nach der Schlacht bei Gravelotte war ein ernster, trau¬ 
riger Tag. Von 2 Uhr Nachmittags bis spät in die Nacht hinein 
wurden die gefallenen Helden beerdigt, während die Regimentsmusiken 
den Choral spielten: „Jesus meine Zuversicht." In einem großen 
Kreise, der durch die Kameraden der zu Begrabenden gebildet war, 
standen die Offiziere der Regimenter und des Stabes. Ergreifend waren 
die stillen bittern Thränen, die langsam über die sonnverbrannten Wan¬ 
gen der kriegerischen starren Männer herunterrollten. 
SS. Be: Gravelotte. 
(18. August 1870.) 
Das war ein heißer, ein blutiger Tag! 
Wohl manchem Helden das Auge brach. — 
Wie reifes Korn vor der Sense Wucht, 
_ So sinken die Reihen hinab in die Schlucht. 
'■) Sprich: Kurßell.
	        
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